- Project Runeberg -  Axel Hägerström : eine Studie zur schwedischen Philosophie der Gegenwart /
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(1939) [MARC] [MARC] Author: Ernst Cassirer - Tema: Philosophy
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Full resolution (JPEG) - On this page / på denna sida - 3. Die Moralphilosophie

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82 ERNST CASSIRER
ströms. Ihm erscheint der Fanatismus als eine verworrene und
beschränkte Ansicht; als eine Ansicht, die es zu überwinden und die es
durch eine freiere, weiter-blickende, vorurteilslosere zu ersetzen gilt.
Dem universellen Aspekt wird hier somit ein Vorrang vor anderen eng-
begrenzten Aspekten eingeräumt. Die Enge und Befangenheit der »fa-
natischen» Moral soll durch die philosophische Reflexion überwunden
werden. Dies erscheint, rein logisch beurteilt, kaum konsequent; aber
es zeigt sich darin die gleiche Grundtendenz des ethischen Denkens, die
auch Spinoza, allem Naturalismus zum Trotz, zur Aufstellung einer
Behre »von der Macht des Intellekts oder der menschlichen Freiheit»
(de potentia intellectus seu de libertate humana) geführt hat.
Die Geschichte der philosophischen Ethik zeigt uns, wie dieses
universalistische Streben in ihr von Anfang an lebendig war, und wie es
ihre gesamte Fortentwicklung bestimmt hat. Dieser Antrieb ist so stark,
dass er auch alle Gegensätze der philosophischen Schulen überbrückt. Die
moralischen Fragmente Demokrits zeigen, dass dieser »Materialist» eine
Ethik entwickelt hat, die in ihrem Universalismus der »idealistischen»
Ethik Platons nicht nachsteht. Und was hier begonnen wurde, das
setzt sich fort und baut sich weiter aus in der Stoischen Moralphiloso-
phie. Sie wird zum Prototyp des ethischen Universalismus — und
in der Form, die die Stoa ihm gegeben hat, wirkt derselbe durch die
Jahrhunderte fort. In der neueren Philosophie nehmen die grossen »Ra-
tionalisten» Descartes, Spinoza, Ueibniz, Kant die Aufgabe wieder auf,
die die Stoa innerhalb des Kreises des antiken Denkens zu erfüllen suchte.
Auch sie stehen durchweg im Zeichens jenes Ideals, das die Stoa zuerst
verkündet hat: des Ideals der »inneren Freiheit». In alledem handelt
es sich ersichtlich nicht um blosse Kehren »über» moralische Vorstel-
lungen und um deren faktische Beschreibung oder psychologische Er-
klärung. Es handelt sich um immer erneute Ansätze der philosophi-
schen Reflexion, und jeder neue Schritt auf diesem Weg bedeutet zu-
gleich ein neues Stadium in der »Phaenomenologie des sittlichen Be-
wusstseins». Sollen wir diesen ganzen Weg der philosophischen Ethik
verwerfen, und sollen wir ihm misstrauen, weil die Entwicklung der mo-
ralischen Ideen überall mit bestimmten metaphysischen Ideen durch-
setzt ist? Oder lässt sich nicht der Gehalt, der hier gewonnen worden
ist, festhalten, auch wenn wir seine metaphysische Hülle abstreifen?
Die stoische Ethik hat weitergewirkt, und sie hat eine bedeutsame Mis-
sion auch für die moderne Welt erfüllt, nachdem die metaphysischen

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