Full resolution (TIFF) - On this page / på denna sida - VI. Deutero-Jesaja. Der leidende Gottesknecht - 3
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kündet er Neues, was noch keiner vor ihm gekündet. Er
geißelt nicht, er droht nicht, er spricht nicht von Sünde
und Vergeltung, nicht von Gottesgericht und Strafe
und Untergang. Er kündet Wiedergeburt. Er sieht,
was wir anderen nicht den Mut haben zu sehen. Er
sagt, was wir anderen nicht zu denken wagen: daß die
Stunde der Befreiung nahet, daß wir wiedersehen wer-
den unsere trauernde Mutter Zion. Es ist etwas vom
Glanze der Morgenröte über seiner Rede, und sein Wort
wärmt und erquickt. Warum nennen wir ihn Jesaja ?
Wir sollten ihn nennen: Menachem, den Tröster. Er
bringt Trost und Glauben mit milder Hand, er gibt
unseren verschmachtenden Seelen Labung. Er steht nicht
vor uns wie ein überirdischer Gottesmann, ein Prophet:
er ist unser Bruder, unser Freund, unser Erwecker. Er
spricht nicht von göttlichen Gesichten, doch er ist selbst
des Göttlichen voll, und sein Glauben ist fest wie ein
Fels. Zu uns armseligen Feiglingen, die niemals die
Luft der Freiheit geatmet, die wir durch das Dasein
gegangen mit vornübergebeugten Rücken und rück-
wärtsgebundenen Händen, kam er, der Freie und Furcht-
lose, der die Kraft besaß das Sklavenjoch von sich abzu-
schütteln und der keines anderen Diener sein wollte als
des Herrn. Wie konnte dieser Freigewordene den Weg
finden zu uns armen Sklavenseelen ?
Wie hat uns die Gefangenschaft verwandelt! Wir
sahen nicht mehr den Himmel über uns, wir vernahmen
nicht die Stimme Gottes in uns. In dieser zusammen-
gebrochenen Welt konnten wir keine göttliche Ge-
rechtigkeit oder Vaterliebe wahrnehmen. Wenn es einen
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