- Project Runeberg -  Axel Hägerström : eine Studie zur schwedischen Philosophie der Gegenwart /
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(1939) [MARC] [MARC] Author: Ernst Cassirer - Tema: Philosophy
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Full resolution (JPEG) - On this page / på denna sida - 4. Recht und Mythos

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AXEL HÄGERSTRÖM 87
in uns selbst und in der Natur, als wäre das Vorhandensein derselben
etwas Selbstverständliches; in Wahrheit aber sind Ausdrücke, wie
»Kraft» oder »Substanz» nur Worte, denen wir, auf Grund eines kompli-
zierten psychologischen Mechanismus, den Hägerström im einzelnen
aufzudecken sucht, eine bestimmte Bedeutung geben. »Man glaubt. . .
dass diese Wortzusammenstellung einer durch die Worte ausgedrück-
ten Realität entspricht, d. h. man erlebt bei den Worten dasselbe Ge-
wissheitsgefühl wie bei wirklicher Erkenntnis. »*) Es ist also eine rein
mythische Vorstellung, oder es ist, im günstigsten Falle, ein blosser
Anthropomorphismus, der sich unter dem Ausdruck der Kraft verbirgt,
und der somit die objektive Auffassung des Geschehens verfälscht.
Dass es ein bestimmtes Stadium der Naturerkenntnis und der Natur-
philosophie gegeben hat, für welches diese Bemerkung zutrifft, ist
unbestreitbar. Noch die Naturphilosophie der Renaissance vermag
sich den ursächlichen Zusammenhang der Phaenomene nicht anders
denn als einen Lebenszusammenhang zu denken; noch für sie sind
»vis» und »vita» nicht nur verwandt, sondern sie werden geradezu als
synonyme Begriffe erklärt. »Vita dicitur a vi », — so heisst es in Campa-
nellas Metaphysik — »hoc est essendi virtute potestateque; ea igitur
ratione, qua sunt Entia cuncta, vivunt. »1
2) Aber das Band, das beide
Begriffe mit einander verbindet, beginnt sich zu lockern, in dem Augen-
blick, in dem die mathematische Betrachtung der Natur einsetzt. Der
Prozess geht anfangs nur langsam vor sich; noch bei Kepler, der die
ersten exakten Gesetze der Planetenbewegung aufstellt, macht sich die
Anschauung von der Beseelung des Himmels geltend. Aber je weiter
die mathematische Theorie fortschreitet, je mehr sie sich ihrer spezi-
fischen Aufgabe bewusst wird und je klarer sich für sie die Bedingungen
der Lösung dieser Aufgabe abzeichnen, um so strenger setzt sich die
kritische Scheidung durch. Als das eigentliche Ziel der modernen
theoretischen Physik hat Max Planck die »Emanzipierung von den
anthropomorphen Elementen» bezeichnet; und er hat gezeigt, wie sich
diese Forderung, in allen Gebieten der Physik fortschreitend immer
strenger erfüllt.3) In dem heutigen Aufbau der allgemeinen Relativi-
tätstheorie und der Quantentheorie wird niemand irgendwelche »ma-
1) Festschr. Grotenfelt, S. 63, 67.
2) Näheres in meiner Schrift über das Erkenntnisproblem, 3. Aufl., I, 210 f.
3) M. Planck, Die Einheit des physikalischen Weltbildes, Wege zur physikalischen
Erkenntnis, Lpz. 1933, S. 3 ff.

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