Full resolution (JPEG) - On this page / på denna sida - I. Undersökningar - Tor Andrae, Der Ursprung des Islams und das Christentum. III. Die Eschatologische Frömmigkeit Muhammeds
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TOR AND RAE
nicht halten.»1 Nicht denkt er über die Qualen der Hölle als
über etwas ganz fern Liegendes nach, das nur für andere in
Betracht kommt, nicht aber für ihn; er fühlt sich vielmehr selbst
schon von der Angst der Hölle ergriffen, als wäre er mitten
in ihr. Die Mönche in der nitrischen Wüste sandten zu
Makarius, der sich damals in Skete aufhielt. Sie Hessen ihm sagen:
Komm zu uns, Vater, damit wir dich sehen bevor du zu
unserem Herrn gehst. Und da er zu ihnen gekommen war, weinte
er und sprach: »Lasst uns weinen, Brüder, auf dass unsere Augen
von Tränen überfliessen bevor wir zu dem Platze gehen, wo
die Tränen unserer Augensteine unsere Körper brennen
werden».2
Wir sahen vorhin, dass nach mystischer Anschauungsweise
diese Furcht nur das Anfangsstadium des mystischen
Heilsweges bildet. Von diesem Standpunkt aus gesehen müssten
dann die hier beschriebenen Angstzustände als Schilderungen
des Busskampfes verstanden werden, den der Mönch zu
bestehen hat, ehe er zu höheren Graden der scala mystica gelangen
kann. Eine grosse Zahl von Stellen belehrt uns indessen,
dass eine solche Erklärung jedenfalls nicht an allen Stellen
zutrifft. Wir finden vielfach eine nicht zu verkennende Tendenz,
eben diese Furcht als das Kennzeichen der besonders Frommen,
als das Hauptmerkmal der echten Frömmigkeit
hinzustellen. Zu Abba Sisoes kamen drei Mönche und klagten ihm,
dass sie von einer ständigen Angst verfolgt würden vor
folgenden Dingen: Vor dem Feuerfluss, dem Zähneklappern, dem
Wurm, der nie stirbt, und vor der äussersten Finsternis. Der
Heilige antwortete ihnen nichts, so dass sie sehr
niedergeschlagen wurden. Endlich sprach er: »Gesegnet seid ihr, meine
Brüder. Ich bin neidisch auf euch geworden. Wenn solche
Gedanken in euren Seelen wohnen, ist es euch unmöglich, eine
Sünde zu begehen».3 Die Geschichte will offenbar darüber
belehren, dass die Furcht vor den künftigen Strafen durchaus
keine Unvollkommenheit der geistigen Anfängerschaft bedeutet,
sondern im Gegenteil eine Stufe der Frömmigkeit darstelle, die
sich selbst der berühmte Heilige brennend ersehnt.
Diese Auffassung tritt nun besonders klar hervor in den
1 Vertus de St. Macaire, ed. Améltneau, Ann. Mus. Guimet, XXVI, 125.
1 Book of Paradise, ed. Budge, I, 634.
3 Book of Paradise, I, 631.
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