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92 IV. Die Lehre von der Offenbarung
wenigstens die Exegeten des Islam von der ältesten Zeit an verstanden *?.
Sie erzählen, daß einer von Jesu Jüngern freiwillig auf sih nahm, für
seinen Meister zu leiden und von Gott ihm ähnlih gemaht wurde, daß die
Juden glaubten, Jesus selber zu treuzigen, oder daß es Judas war, der
zur Sirafe für seinen Verrat an Jesu Statt sterben mußte.
Könnte man es vielleiht wagen, von hier aus eine Deutung des rätsel-
haften Namens „Sohn der Witwe“ zu versuchen, den Mani Jesus beigelegt
haben soll? Wenn En-Nadim 83 erflärt, Mani glaube, daß Jesus, den wir
und die Christen kennen, ein Teufel sei, so ist dies ein Widerhall der gez
hässigen Polemik, die Manis Lehre, ein Dämon wäre an Jesu Statt ans
Kreuz geshlagen worden, absihtli<h dahin verdrehte, daß Mani Jesus
einen Teufel genannt habe. So war au der Sohn der Witwe, von dem
ein besonderes Kapitel im Buche der Mysterien handelte, keineswegs nah
Manis Auffassung mit dem „geshichtlihen Jesus“ identis<h. Er ist das
Wesen, das an seiner Statt getreuzigt wurde. Aller Wahrscheinlichkeit
nac) hat also Mani wie die Exegeten des Islam eine doppelte Lehre über
den Stellvertreter bei der Kreuzigung gekannt: entweder ein Dämon oder
Bösewiht, der zur Strafe gekreuzigt wird, oder ein Getreuer, ein Jünger,
der freiwillig stirbt. Wer mag der unbekannte Jünger gewesen sein? Es
liegt wohl nahe an der Hand zu raten, es sei der Sohn der Witwe von
Nain gewesen, dem Jesus einst das Leben wiedergeshenkt hatte und der
nun seinerseits das Seinige für den Meister hingab.
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