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Funftes Kapitel.
78
In alten Zeiten gehorte es bei diesen Nomaden zu den Pflichten
der Gastfreundschaft, dah ein Wirt seinen Gast dadurch ehrte, dah er
ihm Frau oder Tochter zur Verfiigung stellte, ja, wie Middendorff
sagt, war dies bei den Samojeden sogar noch zu seiner Zeit Vrauch.
Wie die Frau als Eigentum angesehen wird, zeigt eine Ge
schichte, die Eastren im Jahre 1846 erzahtte: Ein Samojede wurde
festgenommen und nach Turuchansk verschickt, meil er seine Frau
erschlagen und, wie es hieh, aufgegessen hatte (?). Als der Richter
ihn beim Verhor fragte, wie er so etwas have tun konnen, ant
wortete er kaltblutig: „Ich habe meine Frau gekauft und sic ehrlich
bezahlt, und mit meinem Eigentum karm ich machen, was ich will."
Die Frau ist selbstverstandlich ein tieferstehendes Wesen, das
dazu da ist, fur den Mann zu arbeiten, ihm Genuh zu gewcihren
und ihm Kinder zu gebaren und zu erziehen. Sic ist auch selbstver
standlich durchaus unrein und darf sich um leinen Preis dem Heiligen
oder Nbernatiirlichen nahen. So darf z. V. ein Weib unter leinen
Umstanden die Spur einer Karawane kreuzen. Middendorff er
zahlt» er habe einmal bei einer astronomischen Beobachtung sein
Instrument auf einen Schlitten gestellt, um es beauemer ablesen
Zu konnen: sein samojedischer Begleiter hatte aber erschrocken ge
rufen: ,Meiberschlitten! Schrecklich versundigst du dich gegen deine
Gotzen!" Middendorff muhte mit dem Instrument systematische
Ablahzeremonien vornehmen, um seinen samojedischen Freund zu
beruhigen.
Lebt man mit diesen Leuten zusammen, so merkt man bald, dah
eine strenge Arbeitsteilung zwischen Mannern und Weibern durch
gefiihrt ist. Die Manner besorgen die ganze Renntierpflege, auch
das Fahren mit den Renntieren: auherdem treiben sic Fischfang
und gehen zur Jagd. Sobald sic aber heim ins Jett lommen,
tun sic gar nichts mehr, hochstens beschaftigen sic sich mit dem Aus
bessern der Gerate oder ordnen die Netze. Die Frauen nehmen den
Fangertrag und die lagdbeute in Empfang und haben die ganze
Hausarbeit, das Zurichten der Felle, das Niihen der Anziige und
das Kochen zu besorgen. Sic errichten das Jett, halten es in Ord
nung und schlagen es wieder ab oder ziehen, wenn notig, damit
nach einer neven Stelle um: daneben haben sic selbstverstandlich
auch noch auf die Kinder zu achten.
Obgleich also die Frau eine untergeordnete Stellung einnimmt,
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