- Project Runeberg -  Propheten und Gottesmänner /
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(1930) [MARC] Author: Marcus Ehrenpreis
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Full resolution (TIFF) - On this page / på denna sida - IV. Jeremia. Der Prophet des neuen Bunde - 5

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— II —

Mutter, warum warst du so grausam, mich zum Leben
zu gebären! Daß du mich nicht vom Schoße weg getötet,
daß du mir nicht mein Grab geworden und dein Schoß
die ewige Wölbung! Verflucht sei der Mann, der meinem
Vater die Freudenbotschaft brachte: ein Sohn ist dir ge-
boren! Es sei dieser Mann gleich den Stätten, die der
Ewige zerstört, er höre Wehklagen am Morgen und Heulen
am Mittag! Warum bin ich aus dem Mutterleibe hervor-
gekommen, Jammer und Leid zu sehen und meine Tage
in Schande zu verleben!

Du hast mich überredet, Herr, und ich ließ mich über-
reden. Du hast mich ergriffen und mich übermannt, doch
nun bin ich zum Gespötte geworden alle Tage, jedermann
verlacht mich. Da dachte ich: ich will Seiner nicht mehr
gedenken und nicht mehr reden in Seinem Namen. Doch
’es brannte in meinem Herzen wie loderndes Feuer, ver-
schlossen in meine Gebeine. Ich wollte dessen Herr
werden, aber ich hielt es nicht aus.

Glaube nicht, Baruch, daß es bloß ein Jeremia ist, der
zu dir redet. Ich bin ein zerrissener Mensch, ein Mann des
Haders, der im Kampf liegt mit allem und allen, mit sich
selbst und mit unserem Vater im Himmel. Ich schwebe
zwischen Gott und Mensch, ich werde hin und her zwi-
schen Zorn und Mitleid gezerrt. Ich züchtige und leide,
ich klage an und verteidige. Heiß liebe ich mein armes
Volk, doch alles in mir empört sich gegen seinen Verfall.
Ich bin erfüllt von Gott, nichts ist mir näher als Er, doch
ich kann nicht die Augen schließen vor den Mängeln
in Seiner Welt. Dann erhebe ich mich gegen Gott selbst
und hadere mit Ihm: „Warum, o Herr, ist der Weg der

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