- Project Runeberg -  Axel Hägerström : eine Studie zur schwedischen Philosophie der Gegenwart /
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(1939) [MARC] [MARC] Author: Ernst Cassirer - Tema: Philosophy
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Full resolution (JPEG) - On this page / på denna sida - 2. Die Kritik des Subjektivismus

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AXEE HÄGERSTRÖM
physik zugerechnet, sondern geradezu zum »Köhlerglauben » gestempelt.
Hier griff Helmholtz ein, der der erste moderne Naturforscher ist, der
das Problem einer Kritik der Voraussetzungen und Prinzipien der Natur-
erkenntnis in voller Klarheit gesehen, und der damit dem modernen na-
turwissenschaftlichen Denken eine ganz neue, der »materialistischen»
durchaus entgegengesetzte Richtung gegeben hat. Er forderte mit stärk-
stem Nachdruck eine »Erkenntnistheorie der Physik»; und er erklärte,
dass sich der hier gestellten Aufgabe kein Zeitalter ungestraft werde
entziehen können.1) Für die Lösung dieser Aufgabe musste Helmholtz
auf Kant zurückgehen. Aber Helmholtz war nicht nur Physiker; er
war zugleich Physiologe, und seine physiologischen Arbeiten stehen von
früh an im Mittelpunkt seiner Forschung. Als Schüler Johannes Müllers
ist er zum Begründer der modernen »physiologischen Optik» geworden.
So ist es verständlich, dass er auch sein erkenntniskritisches Problem,
das er in grosser Schärfe und in grosser Allgemeinheit sah, nichtsdesto-
weniger gewissermassen sub specie der Physiologie betrachtete.
Und hierdurch verschob sich ihm unwillkürlich die Kantische Grund-
frage. Er glaubte, die Kantische Aprioritätslehre erläutern und recht-
fertigen zu können, indem er sie auf Johannes Müllers Lehre von den
»spezifischen Sinnesenergien» bezog. Die Frage wurde nicht mehr an
die objektiven Bedingungen der Möglichkeit der Naturwissenschaft,
sondern sie wurde an eine bestimmte empirische Wirklichkeit, an die
»psychophysische Organisation» des Menschen gerichtet.
Den Zirkel, der hierbei begangen wurde, hat in der deutschen Philo-
sophie des neunzehnten Jahrhunderts zuerst Hermann Cohen erkannt,
und seine ganze Arbeit der Kant-Interpretation ist durch diese Erkennt-
nis bestimmt worden.2) Er verwirft die psychologisch-physiologische
Deutung der Kantische Aprioritätslehte als einen völligen Irrtum. Das
»Subjekt», von dem Kant spricht, hat nach Cohen keine empirische Be-
deutung und keine empirische Wirklichkeit; es hat einen rein ideellen
Sinn. Es bezeichnet jenes Grundprinzif, auf dem alle Möglichkeit der
Erfahrung und damit die Möglichkeit der Erkenntnis von »Gegenstän-
den» beruht: denn »Gegenstände» sind uns immer nur im Zusammen-
J) Über Helmholtz’ Kritik der Grundlagen der Naturerkenntnis vgl. meine Schrift
»Determinismus und Indeterminismus in der modernen Physik», Göteborgs Hög-
skolas Årsskrift 1936: 3, S. 76 ff.
2) Näheres hierüber in meinem Aufsatz: Hermann Cohen und die Erneuerung
der Kantischen Philosophie, Kant-Studien XVII (1912), S. 252 ff.

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