- Project Runeberg -  Axel Hägerström : eine Studie zur schwedischen Philosophie der Gegenwart /
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(1939) [MARC] [MARC] Author: Ernst Cassirer - Tema: Philosophy
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Full resolution (JPEG) - On this page / på denna sida - 4. Recht und Mythos

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94 ERNST CASSIRER
konkrete Einzelfragen gestellt, die sie in ihren besonderen Bedingungen
zu berücksichtigen hat. Aber nachdem einmal durch den Richterspruch
eine Entscheidung über sie gefällt ist, wirkt sie über den blossen Einzel-
fall, auf den sie sich bezog, hinaus. Das Urteil des Richters greift ge-
wissermassen in die Zukunft: es »präjudiziert» die künftigen Fälle.
Das Edikt des Praetors, das anfangs der Lösung eines Sonderproblems
galt, kann damit allgemeine rechtsbildende Kraft gewinnen. Eine der
Grundforderungen der klassischen Jurisprudenz besteht darin, all diesen
vielfältigen, von Tag zu Tag zuwachsenden Rechtsstoff nicht einfach
als solchen hinzunehmen und ihn lediglich zu registrieren, sondern ihn
zu sichten, zu prüfen, auf seine innere Widerspruchslosigkeit hin zu
untersuchen. Auf dieses Postulat gestützt suchen die Römer einen
»Kosmos» des Rechts aufzubauen, wie die griechischen Naturphiloso-
phen die Natur als Kosmos, als »Weltordnung» zu verstehen suchten.
Dass sowohl die Naturbegriffe wie die Rechtsbegriffe hierbei nicht
als fertige Schöpfungen, wie Athene aus dem Haupt des Zeus, ent-
stehen konnten, dass sie vielmehr eine lange Vorgeschichte besitzen und
durch Vermittlungen aller Art hindurchgehen, ist freilich unverkenn-
bar. Auch in Griechenland ist der Logik, wie sie sich in Platons
Dialogen zu gestalten beginnt, und wie sie in den Aristotelischen
Lehrschriften in geschlossener Form vor uns steht, ein Stadium vor-
angegangen, das man als das der »archaischen» Logik bezeichnen kann.
Diese Vorstufe ist dadurch charakterisiert, dass in ihr das Denken noch
keine wirkliche »Eigengesetzlichkeit» erlangt hat, sondern dass es durch
tausend Fäden mit der Sprache verbunden und von ihr abhängig er-
scheint. Der »Logos» ist eine noch ungeschiedene Einheit von »Gedanke»
und »Rede ». »Die archaische Logik » — so stellt Ernst Hoffmann den
Sachverhalt dar — »ist noch gebunden an das Material, durch welches
das philosophische Eidos zum Ausdruck kommen will: die Sprache. . .
Das archaische Denken ist charakterisiert durch den Kampf um die
Loslösung aus jener Gebundenheit, welche für das »primitive» Denken
noch etwas Endgültiges, für das »klassische » schon etwas Abgetanes hat.
Die Formen des primitiven Denkens tragen, wie Mystik, Mantik und
Magie zeigen, in sich noch gar nicht die Möglichkeit einer Selbstbefrei-
ung; das klassische rationale Denken der attischen Philosophie dünkt
sich (sehr irrtümlich) schon wieder so immun gegen die abgetanen pri-
mitiven Formen, dass es sie in Dienst nimmt für Funktionen, die ihm
selber nicht liegen. Die agyaloi aber. . . . sind es, die den Befreiungs-

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