- Project Runeberg -  Axel Hägerström : eine Studie zur schwedischen Philosophie der Gegenwart /
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(1939) [MARC] [MARC] Author: Ernst Cassirer - Tema: Philosophy
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Full resolution (JPEG) - On this page / på denna sida - 4. Recht und Mythos

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AXEL HÄGERSTRÖM 93
Beispiel des römischen Obligationsbegriffs, der römischen Specieslehre
u. s. f. — erwiesen hat, aus mythischen Quellen. Aber was aus ihnen
nicht hergeleitet und nicht erklärt werden kann, ist die Form, in die
dieser Stoff hier eingeht. Denn diese Form steht unter der Herrschaft
eines neuen Prinzips, des Prinzips der Identität und des Widerspruchs.
Das primitive Denken kennt dieses Prinzip nicht; ja, man hat es geradezu
als ein charakteristisches Kennzeichen desselben angesehen, dass es
ein mystisches und »prälogisches» Denken ist, das sich nicht, wie das
unsere, verpflichtet, sich des Widerspruchs zu enthalten.1) Und dieser
Zug tritt noch deutlicher als in der theoretischen Auffassung der Welt im
Kreise des Handelns hervor. Der primitive Mensch sieht sein Handeln
von allen Seiten eingeschränkt; er stösst überall auf übernatürliche
Kräfte, die es hemmen und vernichten können. Um sein Ziel erreichen
zu können, muss er diese Mächte für sich zu gewinnen, muss er sie durch
Gebet oder Opfer günstig zu stimmen suchen. Aber diese Art der Abwehr
oder der Versöhnung kann nicht nach allgemeinen Richtlinien erfolgen
und nicht durch einheitliche Regeln umfasst werden. Denn die dämo-
nischen Kräfte, von denen der Mensch sich umgeben, und denen er sich
ausgeliefert sieht, sind unübersehbar vielfältig, und jede von ihnen ist
launisch und wetterwendisch. In der polytheistischen Götterwelt
liegen nicht nur die einzelnen Götter mit einander in ständigem Streite;
sondern auch der Einzelgott, der »Sondergott» besitzt hier anfangs
noch keine Persönlichkeit im strengen Sinne, keinen einheitlichen, in
sich konsequenten »Charakter»2) Zwischen all diesen Gewalten wird
der Mensch gleichsam hin und her gerissen; denn jede von ihnen tritt
mit verschiedenen, oft diametral-widerstreitenden Forderungen an ihn
heran. Das Recht jedoch — in dem Sinne, in dem die Römer es verstehen
und aufbauen — will eben diesen Widerstreit beseitigen. Es stellt ein
Ganzes von Geboten auf, die, wenigstens der Grundintention nach, mit
einander Zusammenhängen sollen, — wenngleich dieser Zusammenhang
nicht von Anfang an besteht, sondern erst durch gedankliche Arbeit
herzustellen ist. Die Rechtsprechung sieht sich vor ganz bestimmte
x) Lucien Lévy-Bruhl, Les fonctions mentales dans les sociétés inférieures;
deutsche Ausg. unt. d. Tit.: Das Denken der Naturvölker, Wien 1921, S. 57 ff.
2) Über das Verhältnis der »Augenblicksgötter» zu den »Sondergöttern» und
»persönlichen Göttern» s. das religionsgeschichtliche Material bei H. Usener,
Götternamen. Versuch eiuer Lehre von der religiösen Begriffsbildung, Bonn 1896,
vgl. meine Darlegungen in »Sprache und Mythos», S. 14 ff.

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