- Project Runeberg -  Axel Hägerström : eine Studie zur schwedischen Philosophie der Gegenwart /
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(1939) [MARC] [MARC] Author: Ernst Cassirer - Tema: Philosophy
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Full resolution (JPEG) - On this page / på denna sida - 4. Recht und Mythos

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98 ERNST CASSIRER
Gunsten einer reinen Funktionstheorie,1) und vom Standpunkt dieser
letzteren müssen wir sowohl den Zusammenhang zwischen den Natur-
und Rechtsbegriffen, wie ihren spezifischen Unterschied beurteilen.
Dieser Unterschied ist nicht substantieller, er ist methodischer Natur.
Er beruht nicht darauf, dass Naturbegriffe einen wirklichen »Gegen-
stand» besitzen, den sie unmittelbar nachbilden können, während es
den Rechtsbegriffen an einem solchen Gegenstand fehlt. Begriffe als
solche sind bestimmte Fragen, die die Erkenntnis an die Wirklichkeit
richtet; und von der besonderen Richtung dieser Fragen hängt die
Antwort ab, die wir auf sie erhalten. Die Naturbegriffe beziehen sich
auf die Ordnung der empirischen Wahrnehmungswelt, auf die Ordnung
des Existierenden in Raum und Zeit. Die Rechtsbegriffe wollen gleich-
falls Erfahrungsbegriffe sein und für die Erfahrung gelten; aber sie
beziehen sich nicht unmittelbar auf die »Natur der Dinge», sondern auf
die soziale Erfahrung, für die sie nach einer Art »Ordnungsschema»
suchen. Dass diesen verschiedenen Aufgaben, die die Naturbegriffe
und die Rechtsbegriffe sich stellen, auch verschiedene Arten der Be-
stimmung und Gliederung entsprechen müssen, liegt auf der Hand.
Es ist ein neues und bisweilen viel verwickelteres »Begriffsnetz», das
sich uns ergibt, wenn wir das Sein nicht nur seinem rein-physischen
Bestand nach betrachten, sondern es sub specie der Kategorien des
Rechts sehen. Der verschiedene Blickpunkt nötigt uns in beiden Fällen
die Linien der Verbindung und Trennung ganz anders zu ziehen. Be-
trachten wir etwa einen Begriff wie den des »Besitzes», so bezieht er
sich auf körperliche Dinge, die der Naturforscher als solche kennzeichnet,
die er in ihrem Sein und So-Sein, als physikalisch-chemische Objekte,
beschreiben kann. Aber die Rechtsbegriffe fügen dieser Beschreibung
gewissermassen eine neue Dimension hinzu. Indem sie nicht nur nach
dem Gegenstand des Besitzes fragen, sondern die Frage nach seinem
»Rechtstitel» aufwerfen, werden sie zu einer viel schärferen Differen-
zierung genötigt. Die römische Jurisprudenz unterscheidet etwa
zwischen dem Eigentumsbesitzer, dem »Prekaristen », dem Superficiar,
dem Pfandgläubiger, dem Sequester, dem Finder.2) So wird das, was
wir die empirische »Wirklichkeit» nennen, in den Rechtsbegriffen in
ganz anderer Weise erfasst und klassifiziert, als es in der naturwissen-
schaftlichen Begriffsbildung der Fall ist. Aber beides kann miteinander
q Vgl. oben S. 72.
z) Vgl. H. Dernburg, Pandekten, 3. Aufl., Berlin 1892, I., S. 402 f.

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