- Project Runeberg -  Axel Hägerström : eine Studie zur schwedischen Philosophie der Gegenwart /
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(1939) [MARC] [MARC] Author: Ernst Cassirer - Tema: Philosophy
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Full resolution (JPEG) - On this page / på denna sida - 4. Recht und Mythos

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AXEE HÄGERSTRÖM 103
bestehen, ohne dass dieser Bestand einer expliziten Formulierung be-
darf. In ihnen walten die »ungeschriebenen Gesetze», denen man folgt,
weil sie von jeher gegolten haben, und weil sie in dieser ihrer Ewigkeit
und Unveränderlichkeit ihren göttlichen Ursprung bezeugen. Aber in
dem Moment, wo der Staat mit neuen selbständigen Forderungen auf-
tritt, und wo er die mythisch-religiösen Bindungen zu lockern beginnt,
muss das Recht eine andere Gestalt annehmen. Es gilt nur, sofern es
vom Staat festgestellt und verkündet wird. Die aygcxpoi, vofioi wei-
chen damit dem positiven Recht, das in der Form von Sprache und
Schrift niedergelegt und an diesen Akt der Verkündigung gebunden
ist. Schon etymologisch scheint sich dieser Zusammenhang zwischen
Sprache und Recht aufweisen und verfolgen zu lassen. Der griechische
Ausdruck der A(xrj hängt mit dicere zusammen; ebenso wie fas
mit fari zusammenhängt. Aber indem das Recht in den Bereich der
Sprache eintritt und sich in ihre Formen kleidet, hat es damit auch
einen neuen Weg der Objektivierung beschritten. Auf den ersten Blick
könnte es freilich scheinen, dass die Abhängigkeit von der Sprache eine
blosse Fessel ist. Sie macht sich um so stärker bemerkbar, und sie wird
um so drückender, in je ältere Epochen der Rechtsentwicklung wir zu-
rückgehen. Denn hier gilt noch die Bindung aller Rechtsgeschäfte an
eine starre sprachliche Formel. So müssen z. B. bei der mancipatio
nicht nur bestimmte Riten sorgsam beobachtet, sondern es müssen auch
bestimmte Reden gewechselt werden, und die Gültigkeit des Akts hängt
davon ab, dass diese Reden sich an die genau-vorgeschriebene Fas-
sung halten. Und doch steht diesem negativen Moment auch ein posi-
tives Moment gegenüber. Denn der sprachliche Ausdruck des Rechts
gibt ihm zugleich eine neue Bestimmtheit. Der eigentliche Gehalt der
Sprache stellt sich nicht im Wort sondern im Satz dar. Sie muss vom
Wort zum Satz, vom ënoç zum ?.6yoç fortgehen, um zu ihrer eigentlich-
»logischen » Eeistung zu gelangen — um zur Darstellung von Sachver-
halten zu werden. Eine besonders charakteristische Form nimmt diese
Leistung an, wenn der sprachliche Satz sich zum Ausdruck der recht-
lichen »Satzung» macht. Erst auf Grund einer solchen lässt sich die
Vielheit, die Disparatheit und der Widerstreit der einzelnen Interessen
überwinden. Sie haben sich jetzt dem RiehtSpruch und Urteilss^rwcA
zu fügen, — einem Spruch, der einmal gefällt und rechtskräftig ge-
worden, eine Art von Endgültigkeit für sich in Anspruch nimmt, die
durch individuelle Willkür nicht mehr anzutasten ist. Wenn das Recht

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Project Runeberg, Sat Dec 9 18:24:11 2023 (aronsson) (download) << Previous Next >>
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