Full resolution (TIFF) - On this page / på denna sida - O. Walde: Die Herzogl. Bibliothek in Gotha und die literarische Kriegsbeute aus Würzburg
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22 O. WALDE
Nachricht vom Herannahen der Schweden in eine Dachkammer des Domes
gerettet wurden, während der weniger wertvolle Rest zurückblieb und von
dem Feinde beschlagnahmt wurde? Aber wie soll man es dann erklären,
dass so viele alte Handschriften mit dem Vermerk »Liber S. Kiliani», von
denen mehrere aus den ältesten Zeiten des Bistums stammen, zu der
Schenkung gehören, die der Erzbischof William Laud 1635 der Bibliotheca
Bod-leiana in Oxford machte?1 Hatte man nur einen Teil der Kostbarkeiten
retten können, ehe der Feind in die Stadt eindrang? Auffällig ist, dass der
1717 wiedergefundene Teil der Dombibliothek keine Literatur aus dem 16.
und 17. Jahrhundert enthält, sondern nur Handschriften und Inkunabeln,
und dass der letzte Beitrag zu dieser Sammlung die Donation des Dr. med.
Burkhard von Horneck 1522 ist. Handwerker rechnet in seinem
geschichtlichen Überblick über die Handschriftensammlung der Würzburger
Universitätsbibliothek, zu der auch die 1717 wiedergefundenen Schätze der
Domkirche gehören, mit der Möglichkeit, dass diese Sammlung schon im
Bauernkriege versteckt wurde, hält es aber für wahrscheinlicher, dass dies erst in
der Schwedenzeit geschah.2 Ich möchte mich für die erste Möglichkeit
entscheiden und denke mir die Sache hypothetisch folgendermassen. Im
Bauernkrieg wurde ein Teil der damaligen Bibliothek der Domkirche in
einer Dachkammer versteckt. Gewisse Handschriften sind jedoch auf ihrem
alten Platz verblieben und vielleicht der neuen Bibliothek einverleibt worden,
die Julius Echter für das Kapitel gründete und erweiterte. Diese Bibliothek
wurde in der Schwedenzeit vollständig geplündert, und die Bücher gelangten
nach Götha, während die Handschriften auf den Markt kamen, nachdem
sie vielleicht von einer unberufenen, aber mit den örtlichen Verhältnissen
vertrauten Person entwendet worden waren. Ein Teil der Handschriften
wurde bei dieser Gelegenheit von dem Erzbischof William Laud gekauft
und der Bibliotheca Bodleiana in Oxford geschenkt. Natürlich bin ich mir
bewusst, dass diese Erklärung unnatürlich erscheinen kann, und bin selbst
keineswegs ganz von ihrer Richtigkeit überzeugt. Aber unter allen
Umständen ist das blosse Vorhandensein dieser Bücher in Götha ein höchst
interessantes bibliotheksgeschichtliches Problem, dessen endgültige Lösung
bei dem jetzigen Stande der Sache nicht möglich ist. Hierzu wären vor
allem eingehendere Studien sowohl in der allgemeinen Büchersammlung der
Gothaer Bibliothek als unter ihren Inkunabeln und Handschriften erforder-
1 Siehe über diese Handschriften Handwerker, Zur Geschichte der
Handschriften-Sammlung der Würzburger Universitätsbibliothek, in Zentralbl. f. Bibl.-wesen, 26, S. 494,
Anm. 1.
2 Handwerker, a. a. O., S. 494.
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