Full resolution (TIFF) - On this page / på denna sida - O. Walde: Bücher- und bibliotheksgeschichtliche Forschungen in ausländischen Bibliotheken
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114 O. WALDE
seler Landesbibliothek bedeutende Reste der Bibliotheken des Jesuitenkollegs
und des päpstlichen Seminars in Fulda enthielt. Zu dieser Schenkung, die
nach dem eingeklebten Ex-dono von der freiherrlichen Familie v. Dörnberg
stammt, gehören nämlich Bücher, die einer der Vorfahren des Geschlechtes,
Johann Caspar von Dörnberg1, 1632 und 1634 aus den Jesuitenbibliotheken
in Fulda erlangt hat. Nicht selten ist der ältere Eigentümervermerk
durchgestrichen, lässt sich aber doch entziffern, bisweilen ist er ganz deutlich
und unversehrt. Ich habe unter den nach Kassel geschenkten
Dörnberg-schen Büchern in verschiedenen Abteilungen der Landesbibliothek nicht
weniger als etwa fünfzig aus Fulda notiert. Ein wie grosser Teil dieser
Jesuitenbibliotheken bei der Plünderung in Privathände gelangt ist, und
welche Persönlichkeiten ausser J. C. von Dörnberg sonst noch Teile davon
erlangt haben mögen, lässt sich gegenwärtig nicht entscheiden.2
In diesen Kriegszeiten scheint der Landgraf von Kassel auch in anderen
katholischen Orten, die er mit seinen Truppen durchzog, der Sitte der Zeit
entsprechend seine literarischen Sammlungen durch Kriegsbeute vermehrt
zu haben, So habe ich etwa dreissig Bände aus dem Jesuitenkolleg in
Paderborn verzeichnet, das gleichfalls 1631 von hessischen Truppen
geplündert wurde,3 ferner einige Bände aus der Jesuitenresidenz in Hersfeld,4
etwa 10 Nummern aus dem Benediktin er kloster Simonis et Judae daselbst
sowie einzelne Bände aus verschiedenen Klosterbibliotheken, dem Mainzer
Jesuitenkolleg und anderswoher.
Unter die wertvollsten Zuschüsse zur Bibliothek der Landgrafen dürfte
die 1686 durch Testament dorthin gelangte kurfürstliche Büchersammlung
1 Schreibt sich Döringenbergk.
2 Auch aus anderen Privatsammlungen sind Bücher, die den Jesuitenbibliotheken in Fulda gehört
haben, in die Landesbibliothek gekommen. So trägt Petrus Ribadeneiras Vita Francisci Borgiae (Antv.
1598) den Vermerk »Seminarij Societatis Jesu Fuldae» und war später im Besitz des schon erwähnten
Büchersammlers Graf Kunowitz, dessen Bibliothek zum grösseren Teil der Landesbibliothek einverleibt
worden zu sein scheint (vgl. Scherer, a. a. O., S. 255). Unter den mit der Dörnbergschen Schenkung nach
Kassel gekommenen Fuldaer Büchern befindet sich auch eins, Petrus Apherdianus Methodus discendi
formulas latinae linguae (Köln 1580), das Urban von Boineburg gehört hat. Andere Bücher aus Fulda können
ja, nachdem sie nach Kassel gekommen waren, von dem Landgrafen verschenkt oder als Dubletten
ausgeschieden worden sein. Dies kann z. B. für ein Exemplar von Jean Auguste de Thous Historiae sui
temporis in zwei Teilen (Paris 1606) zutreffen, das einen sorgfältig ausgestrichenen Fuldaer Eigentumsvermerk
und folgende schriftliche Dedikation späteren Datums enthält: »Domino Ludovico Stannario, agnato suo
dilecto, cum primum ederet spécimen publicum diligentiae in studijs philosophicis adhibitae dono dedit
duos tomos priores Thuanj Gregorius Stannarius physices professor in Academia Cassellana ordinarius
Cassellis 1650 mense Augusto». Das Buch ist später mit der Senningschen Schenkung an die
Landesbibliothek gekommen.
3 Siehe Walde, a. a. O., 1, S. 216 und die dort angeführte Literatur.
4 Über die Jesuitenresidenz in Hersfeld und ihre Besetzung durch die Hessen 1631 siehe DuHR, a.
a. O., 2: 1, S. 161.
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