- Project Runeberg -  Axel Hägerström : eine Studie zur schwedischen Philosophie der Gegenwart /
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(1939) [MARC] [MARC] Author: Ernst Cassirer - Tema: Philosophy
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Full resolution (JPEG) - On this page / på denna sida - 4. Recht und Mythos

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88 ERNST CASSIRER
gische» Vorstellungen entdecken können: der reine Gesetzesbegriff hat
hier den mythischen Kraftbegriff verdrängt.
Was die Eoslösung des theoretischen Denkens von dem Untergrund
des mythischen Bewusstseins erschwert und immer wieder hintange-
halten hat, ist die Abhängigkeit, in der es sich von der Sprache befindet.
Auch die Begriffe der Wissenschaft sind Wortbegriffe und demgemäss
an die Struktur der Sprache gebunden. Seine volle Autonomie erlangt
das theoretische Denken erst dann, wenn es sich entschliesst, den letz-
ten Schritt zu tun; wenn es sich in den Symbolen der Mathematik statt
der »natürlichen» Sprache eine »künstliche» Sprache erschafft. Die
natürliche Sprache bleibt immer wie mit unsichtbaren Fäden mit
der mythischen Denk- und Vorstellungsart verknüpft. Man braucht
nur zu erwägen, welche Bedeutung die Metapher für sie hat, um sich
diesen Zusammenhang deutlich zu machen. Alles Sprechen ist in
gewissem Sinne an die Metapher gebunden; wollten wir der Sprache
ihren Gebrauch verbieten, so würde sie damit aufhören, lebendige
Sprache zu sein und sich in ein abstraktes Zeichensystem verwandeln.
Und nicht nur im Gebrauch der Sprache, sondern auch in den primi-
tiven Anfängen der Sprach-»Theorie », d. h. in der ersten Reflexion
über ihr Wesen und ihren Ursprung, tritt diese Verbindung hervor.
Es dauert lange Zeit, ehe das Wort in seiner rein-signifikativen Funk-
tion erfasst wird. Ursprünglich erscheint es als selbständige, für sich
bestehende Substanz, und diese Substanz ist von geheimnisvollen
magischen Kräften erfüllt. Das Wort gilt als die ursprüngliche Kraft-
quelle von der sich die Kräfte der Natur ableiten. In primitiven Mythen
wird ihm die Rolle der Weltschöpfung übertragen: das Sein der Götter
wie das Sein der Menschen und der Dinge ist aus ihm hervorgegangen.1)
Aber dass die Sprache hierbei nicht stehen bleibt, ist ersichtlich. Je
weiter sie fortschreitet, um so mehr entringt auch sie sich der Herr-
schaft der mythischen Phantasie. Das einzelne Wort wird jetzt nicht
mehr als ein Seiendes mit eigenen selbständigen Kräften Begabtes
gedacht, sondern es wird auf seinen Zusammenhang im Ganzen der Rede
geachtet, und dieser letztere ist es, der als der eigentliche »Sinn» der
Sprache erscheint. Die syntaktische Gliederung des sprachlichen Satzes
will einen bestimmten Sachverhalt zum Ausdruck bringen, und dieser
stellt sich nicht in einem Einzelnen, Gegenständlichen dar, sondern in
einer komplexen, in sich gegliederten Beziehung. Sobald die Sprache in
*) Näheres hierüber in meiner Schrift: Sprache und Mythos, Lpz. I925> S. 37 K

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