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Gräber um die Todten aufzuwecken — sie haben für euch
nie gelebt, euer Herz kennt sie nicht ....
Greift in die Zeit, greift in euren eigenen Busen. Vor
allem aber, greift nicht eher zur Feder, werdet nicht früher
Schöpfer, Gestalter bis ihr selber gestaltet.
Greift in die Zeit, haltet euch an das Leben. Ich weisz
was ihr entgegnet. Nicht wahr, es ist verdammt wenig Poesie
in dieser Zeit, in diesem Leben das wir in Deutschland
führen? Woher der Stoff zu einem zeitgeschichtlichen Ro*
man? Ich frage aber dagegen, woher entnahm Goethe ihre
für Wilhelm Meister?
Verstehe mich recht. Um alles in der Welt kein Wil*
helm wieder. Der ist abgethan, der ist Goethes und seiner
Zeit. Was und wer ist euer? Welcher Idee könnt ihr Leib
und Seele verleihen? Was hat ihr erlebt und gestrebt? Welche
Bekanntschaften, Ansichten und Lebensverhältnisze vermögt
ihr in die Region der Poesie mit hinüberzunehmen? Ich
gebe zu, und mir blutet das Herz dabei, ja wir leben in
einer Zeit, wo der matte Quell der Poesie kaum über die
ersten sechzehn Jahre unseres Lebensalters hinaufspringt.
Aber gut. Haltet einmal Abrechnung mit der Zeit, ent*
zieht einmal durch einen herzhaften Entschlusz dieser heutigen
deutschen Literatur den Schimmer poetischer Lügen, deckt
einmal auf, ihr Dichter, was ihr schauet, reiszt der Zeit den
Mantel der Heuchelei, der Selbstsucht, der Feigheit vom
Leibe . . . Noch einmal haltet Abrechnung mit der Zeit, mit
eurem eigenen Leben. Das Bischen Poesie, das sich darein
verzettelt, das Bischen aufzuweisen, bringt euch Ehre und der
Zeit Schande. Jetzt müszt ihr euch schämen. Wendet das Blatt.
Die Philister nennen euch Lügner, Schaumblaser, Puppenspieler,
Romanenschmerer, und bei Gott, die Philister haben Recht.
Ich verhehle nicht, ich selbst fühle den lebhaften Sporn
— nicht ins alte romantische Land zu reiten — nein, einen
zeitgeschichtlichen Sittenroman zu entwerfen, dessen Idee ich
schon eine geraume Weile mit mir herumtrage. Er sollte den
Lebensroman eines meiner Freunde darstellen, eines Unglück*
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