Full resolution (TIFF) - On this page / på denna sida - IV. Jeremia. Der Prophet des neuen Bunde - 8
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— I22 —
die der Zufall durcheinandergeworfen. Sie ist ein Bau-
werk, dessen Teile sich zu einem Ganzen fügen. Ich bin
nicht nur Sturm und Leidenschaft und feuerspeiender
Vulkan, wie es manchem scheint. Was ich sage, ist nicht
nur Eingebung des Augenblicks. Meine Rede ist ein Ruf
aus meiner inneren Welt, ein Stück meiner selbst. Wie ich
selbst, kommt sie von Ewigkeit und geht zur Ewigkeit.
Wenn ich jetzt zu dir rede, Baruch, ist es, als ob ich
vor mir selbst bekennen würde, was die Lippen kaum aus-
zusprechen vermögen. Neige mir dein Ohr zu, Baruch.
Jeremia ist ein Abtrünniger. Ich mußte vieles verleugnen,
was unsere Väter als ihren Glauben bekannt. Ein neuer
Glaube dämmert in meiner Seele. Noch ist dieser bloß
mein Glaube; doch morgen, vielleicht erst am Ende der
Tage, wird er die neue Religion des Menschengeschlechtes
werden. Ich träume eine Religion für kommende "Tage.
Seitdem ich zum erstenmal vor das Volk hingetreten,
fühlte ich mich gezwungen, meine Stimme zu erheben
gegen alles Lippenwerk, gegen alle Priesterfrömmigkeit,
die nicht kommt vom Herzen und nicht dringt zum Her-
zen. Ich erhob mich gegen alles Außenwerk, welches das
Licht der Religion verdunkelt. Ich mußte nein sagen
zum Tempel. Ich mußte jede Art von Opfer verneinen:
Der Herr hat unseren Vätern am Sinai nicht befohlen,
Opfer darzubringen. Ich glaube nicht an die Bundeslade.
Es wird eine Zeit kommen, da man nicht mehr von ihr
reden und nicht an sie denken wird, man wird sie nicht
suchen und keine neue bauen. Die Lade! Ist sie doch das
Grab der Lehre geworden. Dort halten wir die heiligen
Schriften wohl verwahrt, fern von unserem Leben und
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