Full resolution (JPEG) - On this page / på denna sida - IV. Unterrichtswesen und geistige Kultur. Einl. von P. E. Lindström - 9. Die schöne Literatur. Von R. Steffen
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546 IV. DAS UNTERRICIITSWESEN UND DIE GEISTIGE KULTUR.
Geschmack anhaftet. Er hebt auch die Verwandtschaft hervor, die das schwedische
Volk mit dem englischen und deutschen vereint und es veranlassen sollte, seine
Vorbilder in erster Reihe dort zu suchen. Trotz seiner allzu dunklen und
paradoxen Darstellungsweise war Thorild ein wahrhaft genialer Kritiker. Dagegen
besass er zu wenig dichterische Begabung, um den Sieg über die alte Schule
erringen zu können. Auch eine ihm verwandte Dichternatur, B. Lidner (175!)
—93), der ungewöhnlich reich an Empfindung und von üppiger, aber
ungezügelter Phantasie war, hatte einen allzu schwachen Charakter und war in seiner
Lebensweise eine allzu ungebundene Persönlichkeit, um eine derartige Aufgabe
lösen zu können.
Mehrere Jahre lang nach dem Tode Gustavs III. war die
französisch-akade-mische Schule Alleinherrscherin in der schönen Literatur, und die Poesie artete
in einen abstrakten Formalismus ohne entsprechenden Gefühlsinhalt aus -—- ein
Zustand, der beweist, dass diese Geschmacksrichtung ihre besten Tage bereits
gesehen hatte. Doch auch diese Zeit hat reich begabte Dichter aufzuweisen,
die aber unter dem akademischen Zwange ihre Ursprünglichkeit und Individualität
nicht voll zur Entwicklung und Reife bringen konnten. Das war u. a. der Fall
bei den beiden Bischöfen F. M. Franzén (1772—1847) und J. 0. Wallin (1779
—1839). Franzén, eine sanfte und innige Dichternatur, schuf eine einfache,
rein idyllische Lyrik, klar wie das Wasser einer Quelle, unschuldsvoll wie eines
Kindes Blick und nach überirdischer Reinheit sich sehnend. Wallin, der von
düsterem und kräftigerem Naturell war, ist Schwedens grösster
Kirchenliederdichter; sein bedeutendstes Werk ist das Kirchenliederbuch von 1819.
Nach der Staatsumwälzung von 1809 und dem Verluste Finnlands zeigt sich
ein neuer Geist in Schwedens Literatur. Die romantische Schule tritt auf, und
es beginnt ein heftiger Kampf zwischen dieser und der akademischen Richtung.
An der Spitze der Romantiker finden wir den jungen P. D. A. Atterbom (1790
-1855), den Stifter des Aurorabundes und den bedeutendsten unter den
Dichtern, die ihre Erzeugnisse im »Fosforos» veröffentlichten, der mit seinem
feuerroten Umschlag das neue Licht versinnbildlichte. Atterbom, der seine ersten
Anregungen von deutschen Dichtern und Philosophen, besonders Tieck und
Schelling, empfing, wollte der Poesie den unbestimmten Drang der Musik, aber
auch etwas von dem Grübeln der Naturphilosophie über das Wesen der Dinge
verleihen. Wenn seine Dichtung dadurch teilweise auch dunkel wurde, so ist er
doch ein hervorragendes Dichtertalent, und sein Märchendrama »Lycksalighetens ö»
(Die Insel der Seligen), dem eine mittelalterliche Sage zugrunde liegt, ist eine
der schönsten Dichtungen, die die Romantik hervorgebracht hat.
Ein anderer, ebenso typischer Vertreter der romantischen Schule — der jedoch
dem Kreise Atterboms nicht angehörte — ist E. J. Stagnelius (1793—1823).
Stagnelius ist ein Mystiker, dessen Poesie, durchdrungen und gefärbt vom
Gnostizismus, zwischen glühender Sinnlichkeit und tiefem Schmerz über die
Mängel des Erdenlebens schwankt. Kein schwedischer Dichter hat so harmonisch
wohlklingende Verse geschaffen wie er. Stagnelius versuchte sich auf allen
Gebieten der Poesie, sogar im Drama, und seine Stoffe entnahm er den
verschiedensten Sphären: der Welt der Antike, der nordischen Vorzeit und der
altchristlichen Legende. Auch E. Sjöberg (Pseudonym: Vitalis, 1794—1828) wurde
von der Neuromantik beeinflusst, deren Grundsätze er aber in seinen edlen,
melancholischen Gedichten selbständig anwandte; gegen die Übertreibungen der
Romantik trat er in satirisch scherzender Weise auf.
Trotz dieser hervorragenden Talente wurde die romantische Richtung in
Schweden niemals wahrhaft populär — dazu entbehrte sie zu sehr der Klarheit, die das
schwedische Volk liebt —, und nicht durch die neue Schule, sondern neben ihr
erreichte die schwedische Literatur um jene Zeit eine geradezu klassische
Vollendung. Die Begründer dieser Blüteperiode waren Esaias Tegnér (1782—1846)
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