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— i66 —
Leben an der Front
^ehr schnell wird man mit dem Leben an der Front
vertraut. Ich schlafe gut, trotz den Wanzen und der
Nachbarschaft der Läuse. Wir denken nicht daran, daß die
Russen, wenn sie es wollen, unser Dorf unter Artillerie-
feuer nehmen können. Der Mörser hinter der Hütte
gab in einer Nacht drei Schüsse ab, ohne daß ich davon
erwachte. Es scheint mir, daß ich schon Jahre hier verlebt
habe und sorglos auch den Rest meines Lebens hier ver-
bringen könnte. Dem Tag und der Stunde gehört das
Leben — was war und wird, ist unwirklich. Ich träume
von weit in meiner Kindheit zurückliegenden Sorgen
und Freuden. Menschen, die ich liebhabe, flüstern ein
kaum hörbares Wort; wehmütig lächelnd ringen sie, um
den Kreis meiner Traume zu überschreiten, heben sich
einen einzigen Augenblick empor und sinken machtlos in
das Schattenreich zurück. Wach aber lebe ich nur dem
Kriege, und ich fühle den Lebenstrieb und die Gegenwart
mit nie geahnter Macht. Es gibt nichts mehr als Kampf
und Leben und Tod — Tod dem Sterbenden, dem Leben-
digen aber ein ewiges Leben, weil er nur der Gegenwart
lebt, unverwundbar und unsterblich, wie der Lebenstrieb
selbst, der göttlich über seinem Blute waltet und ihn
gnädig über die Sterbestunde hinwegtäuscht. Der Krieg,
so wie er ist, ist eine Einstellung des einzelnen auf das
unbedingt Gegenwärtigste. Die Funktionen herrschen
mit unbeschränkter Gewalt. Körperlich aufrecht muß der
Mann und muß das Heer sein, das kämpfen und siegen
will...
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