- Project Runeberg -  Nordisk tidskrift för bok- och biblioteksväsen / Årgång XII. 1925 /
220

(1914-1935)
Table of Contents / Innehåll | << Previous | Next >>
  Project Runeberg | Catalog | Recent Changes | Donate | Comments? |   

Full resolution (TIFF) - On this page / på denna sida - Sidor ...

scanned image

<< prev. page << föreg. sida <<     >> nästa sida >> next page >>


Below is the raw OCR text from the above scanned image. Do you see an error? Proofread the page now!
Här nedan syns maskintolkade texten från faksimilbilden ovan. Ser du något fel? Korrekturläs sidan nu!

This page has never been proofread. / Denna sida har aldrig korrekturlästs.

220 PETER WAGNER

Neumenforschung gemacht. Mit den Schwierigkeiten, die sich auf diese Weise
ergaben, hat man sich, so gut es ging, abgefunden, indem man die Kraft des
mittelalterlichen Gedächtnisses bis in eine unwahrscheinliche Leistungsfähigkeit
hinein erhob. Dass freilich bereits die ältesten monte-cassinensischen und
beneventanischen Neumen und in Frankreich die provenzalisch-aquitanischen
Neumen die Einzelnoten wie die Gruppenzeichen in genauer Beachtung der
Intervalle handhabten, wusste man, beachtete es aber nicht genügend, da seit
der Mitte des 19. Jahrh. die Vorstellung lebte, die sanktgallischen Neumen
seien, weil direkt und noch im 8. Jahrh. aus Rom importiert, die treuesten
Zeugen und Hüter der römisch-gregorianischen Überlieferung. Das ist die
noch heute herrschende Auffassung. Erst mit Guido von Arezzo, so wird
immer noch gelehrt, gab es eine für die genaue Wiedergabe der Singweise
ausreichende Tonschrift; sein Liniensystem hat mit einem Schlage den
Jammer der mangelhaften Neumen beseitigt, und von da an verläuft die Geschichte

*


der Tönschrift fast gradlinig bis zur Gegenwart.

Dass das Gedächtniss im Mittelalter mehr zu leisten hatte und auch
leisten konnte als heute, ist zuzugeben; ebenso dass die nordischen, zumal
sanktgallischen Neumen wirklich die Melodieschritte nur sehr unvollkommen
bezeichnen. Kann man sich aber im Ernste vorstellen, dass römische oder
andere Sänger ein solches unglückliches Instrument sich ausdachten, das
seinen Zweck gar nicht zu erfüllen vermag? Dies zu einer Zeit, in welcher
die östliche Kirche, die griechich-byzantinische, ein ähnliches, teilweise
dieselben Zeichen benutzendes Schriftsystem gebrauchte, das melodisch sichere
und deutliche Aufzeichnungen ermöglichte, da es jedem Zeichen einen
bestimmten Intervallsinn gab? Im 8. und 9. Jahrh. aber wirkten zu Rom, in
der Nähe der aus dem Osten stammenden Päpste, griechische Musiker, und
diesen gegenüber hätten sich die römischen Kantoren einen so notorischen
Beweis künstlerischer Inferiorität leisten dürfen und können, wie die
Herstellung einer Tonschrift, die nicht die Möglichkeit einer sichern Überlieferung
gewährleistete? Kann man wirklich glauben, dass die sanktgallischen und
ähnlichen Neumen die ursprüngliche Schreibung der lateinischen Neumen
wiedergeben?

Wir haben uns durch die Glorie, in die Guido von Arezzo in seinen
Schrift eingehüllt erscheint, verblenden lassen und zahlreiche andere Tatsachen
nicht bemerkt oder nicht ausreichend beachtet, die unsere Aufmerksamkeit
in eine andere Richtung lenken müssen.

Was bedeuten denn die intervallmässig genau geschriebenen Neumen von
Monte Cassino, die es bereits in der ersten Hälfte des 11, Jahrh. gibt? Können

<< prev. page << föreg. sida <<     >> nästa sida >> next page >>


Project Runeberg, Sat Dec 9 16:11:37 2023 (aronsson) (download) << Previous Next >>
https://runeberg.org/bokobibl/1925/0230.html

Valid HTML 4.0! All our files are DRM-free