Full resolution (JPEG) - On this page / på denna sida - 2. Die Kritik des Subjektivismus
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30 ERNST CASSIRER
hang der Erfahrungserkenntnis, nicht aber gänzlich ausserhalb derselben,
als sogenannte »Dinge an sich» gegeben. Kants hehre vom erkennen-
den Subjekt wird daher von Cohen nicht in dem Sinne aufgefasst, dass
wir vom faktischen Bestand des empirischen »Selbstbewusstseins» aus-
gehen könnten, und dass dieses das einzig »unmittelbar Gegebene» sei.
Die »Gegebenheit», die er fordert und die er als das eigentliche Funda-
ment aller erkenntnistheoretischen Arbeit ansieht, ist von völlig ande-
rer Art. Sie besteht in gewissen Wissenschaftsfakten: insbesondere im
»Faktum» der Mathematik und der mathematischen Naturwissenschaft.
Diese Fakta können nicht dadurch erkannt und verstanden werden,
dass man der Genesis bestimmter Vorstellungen in unserem Bewusstsein
wie z. B. der Entstehung der Raumvorstellung, der Zahlvorstellung, der
Kausalvorstellung nachgeht. Es gilt vielmehr den objektiven Gehalt
der Begriffe von Raum, Zeit, Zahl u. s. f. zu zergliedern und es gilt,
auf diese Analyse gestützt, die logische Struktur der Mathematik und
Physik zu begreifen. Für diese Aufgabe kann die Erkenntniskritik von
der Psychologie, als der Lehre vom »Bewusstsein», keine Hilfe erwar-
ten: die Einmischung psychologischer Fragestellungen kann vielmehr
hierbei nur verwirren und stören. Denn das Wort »Erkenntnis» selbst
muss durchaus im objektiven Sinne verstanden werden: es besagt
einen Inbegriff von »Regeln», von »Axiomen», von »Prinzipien»,
denen wir gegenständliche Bedeutung, denen wir »Allgemeinheit und
Notwendigkeit» zuschreiben; und die Begründung dieser Notwendig-
keit kann sich nicht selbst auf jene »Zufälligkeiten», auf jene »vérités
contingentes» stützen, mit denen es die Psychologie zu tun hat.
An diese Fragestellung des deutschen Neukantianismus hat Häger-
ström angeknüpft, und seine Hauptabsicht in seiner ersten grossen phi-
losophiegeschichtlichen Arbeit, in dem Werk über Kants Ethik, ist
darauf gerichtet, ihr Geltung und Anerkennung zu verschaffen. Auch
er betont fort und fort, dass es sich in Kants Werk um eine objektive
Begründung der Erkenntnis, nicht um eine bloss-subjektive Begrün-
dung handelt. Cohen hatte gegenüber F. A. Langes »Geschichte
des Materialismus» klargestellt, dass und warum eine zureichende
historische Erklärung und eine systematische Begründung der
Kantischen Aprioritätslehre unmöglich sei, wenn man hierfür auf
eine Untersuchung der »psycho-physischen Organisation» zurückgeht.
In voller Übereinstimmung hiermit erklärt Hägerström, dass die aprio-
rischen Bestimmungen des Bewusstseins für Kant nicht bedeuten können
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