Full resolution (JPEG) - On this page / på denna sida - 2. Die Kritik des Subjektivismus
<< prev. page << föreg. sida << >> nästa sida >> next page >>
Below is the raw OCR text
from the above scanned image.
Do you see an error? Proofread the page now!
Här nedan syns maskintolkade texten från faksimilbilden ovan.
Ser du något fel? Korrekturläs sidan nu!
This page has never been proofread. / Denna sida har aldrig korrekturlästs.
48 ERNST CASSIRER
Struktur der mathematischen Begriffe aufgewiesen. Sie zeigt, dass
z. B. Begriffe wie Punkt, Pinie, Fläche, sich nicht »absolut» definieren
lassen, dass wir ihnen keinen für sich bestehenden, schlechthin-unab-
hängigen Eigengehalt zusprechen können, sondern dass ihre Bedeutung
sich erst aus ihrer »impliziten Definition» ergibt. Diese besteht darin,
dass wir das »Sein» des Begriffs durch die Bedingungen bestimmen,
denen er genügen soll, welche Bedingungen sich nicht anders als durch
einen gewissen Inbegriff von Sätzen — in der Geometrie durch ein be-
stimmtes »Axiomensystem ». — ausdrücken lassen. Es ergibt sich
hieraus, dass im Aufbau der Bogik das Urteil, das der allgemeinste
Ausdruck der Relation ist, zum Primären, der Begriff dagegen zum
Sekundären wird. Der »Sinn» eines Begriffs lässt sich nicht angeben,
indem wir auf irgendwelche empirische Gegenstände hinweisen, von
denen er abstrahiert sein soll. Nicht nur gegenüber den mathemati-
schen Begriffen, sondern gegenüber den wissenschaftlichen Grundbe-
griffen überhaupt versagt diese Theorie der Abstraktion. Wir müssen
in jedem Fall, um zu einer wirklich präzisen Fassung dieser Begriffe
zu gelangen, die gesamten Urteilskomplexe ins Auge fassen, auf die
sie sich stützen und die sie zum Ausdruck bringen wollen. Und
auf diesen Urteilskomplexen beruht auch das, was wir die »objektive
Realität» eines Begriffs nennen können. Diese Realität besagt nicht,
dass es in der Welt der »Dinge)> etwas gibt, das unseren allgemeinen
Begriffen entspricht und zu ihnen ein Korrelat, ein reales »Gegenstück »
bildet. Der Begriff ist nichts anderes als ein »Prädikat möglicher
Urteile»; und beim Urteil können wir nach einem derartigen »Gegen-
bild» nicht einmal suchen und fragen. Denn das Urteil geht, seiner
logischen Struktur nach, nicht auf einzelne Gegenstände; es geht viel-
mehr auf Sachverhalte. Es will in sich »Bestand» haben; aber dieser
Bestand lässt sich nur in der Form der Gültigkeit, der Wahrheit einer
Beziehung, nicht in der Form eines Gegenständlichen, an und für sich
Seienden, aufweisen.1)
Eben dies ist es, was, wie mir scheint, auch den Kernpunkt in Kants
Widerlegung des ontologischen Arguments ausmacht. In diesem Argu-
ment wird, wie Kant hervorhebt, eine beziehungsweise Setzung mit
einer absoluten Setzung verwechselt. Vom Sein der Kopula »ist» wird
auf ein substantielles Sein geschlossen. Aber dieser Schluss wird hin-
ü Zur näheren Begründung vgl. meine Schrift »Substanzbegriff und Funktions-
begriff», Cap. i u. 4.
<< prev. page << föreg. sida << >> nästa sida >> next page >>