Full resolution (JPEG) - On this page / på denna sida - 3. Die Moralphilosophie
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62 ERNST CASSIRER
sollte. Sie sollte nicht von sozialen Einzelwahrheiten handeln, sondern
von dem »was den einzelnen Erkenntnissen systematischen Zusammen-
hang in allgemeingültiger Notwendigkeit verleihen kann»; sie wollte
die letzte bestimmte Gesetzmässigkeit des sozialen und des rechtlichen
Eebens aufweisen. »Die bewusste Einsicht in diese Gesetzmässigkeit»
— so erklärt Stammler — »würde einen sicheren allgemeingültigen Leit-
faden liefern, nach dem alle Einzelwahrnehmungen der sozialen Ge-
schichte in übereinstimmender Weise aufgefasst, beurteilt und gerichtet
werden können. »r) Irre ich nicht, so hat es in Hägerströms eigener Ent-
wicklung eine Epoche gegeben, in der ihm ein ähnliches wissenschaft-
liches Ideal vorschwebte. Wenigstens finde ich in seiner Schrift »Stat
och rätt» (1904), die freilich Fragment geblieben ist, manches, was sich
mit Stammlers Gedanken der kritischen Begründung einer »sozialen
Teleologie» berührt, wenngleich er später die Stammlerschen Thesen
stark bekämpft hat.*
2) Er vertritt hier noch, in Kantischem Sinne, die
»praktische Realität des Pflichtbegriffs »; er spricht von einer »objektiven
Gültigkeit» des Sollens, die sich auf das blosse Gefühl nicht reduzieren
lässt; er will die logische Haltbarkeit der Idee einer äusseren Verpflich-
tung erweisen, indem er sie aus einem reinen Vernunftprinzip herleitet.3)
Aber mit alledem hat Hägerström in der späteren Ausbildung seiner
Rehre gebrochen. Er sah keinen anderen Weg, die praktische Philo-
sophie und die Rechtswissenschaft von der Herrschaft der Metaphysik
zu befreien, als dadurch, dass er den Gordischen Knoten der Metaphysik
zerhieb, statt ihn zu lösen. Die Befreiung von der Metaphysik schien
nur erreichbar zu sein, wenn man nicht nur den Begriff des »absoluten
Geistes», sondern auch den des »objektiven Geistes » opferte. Begriffe
wie der vom »Volksgeist» oder von der »Staatspersönlichkeit» können
nach Hägerström ihren animistischen Ursprung nicht verleugnen.
Mit ihnen muss endgültig gebrochen werden.4)
Wenden wir uns nun von der Darstellung von Hägerströms Haupt-
gedanken ihrer kritischen Betrachtung zu, so müssen wir, wie mir
scheint, zwei Gesichtspunkte scharf voneinander sondern. Hägerströms
Angriff gilt auf der einen Seite der Möglichkeit der Ethik als Wissen-
b Stammler, Wirtschaft und Recht, Rpz. 1896, S. 16.
2) S. Festskr. Norström, S. 176 ff.; Obj. rätt. begrepp, S. 41 ff.
3) Vgl. Stat och rätt, S. 31 ff., 39, 249 f.
4) Selbstdarst., S. 47. »Im modernen Staatsbegriff kommt der alte Animismus
stark zur Geltung. Der Staat wird ein Wille.»
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