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I O 2
R. REITZENSTEIN
oder doch bis in seine Zeit zurückführt, erwähnen diese Göttin
einmal. Der »weise Herr», Ahura Mazda, hat diese
Gesamtseele in die Körper weit gesendet und die verschiedenen Ichs
(Personen, Individuen) geschaffen, auf die sie verteilt wird; die
Teilseele liegt in der Materie wie in trunkenem Schlummer; sie
muss erweckt werden und muss wach bleiben, damit sie dereinst
in die übersinnliche Heimat zurückgeführt werden kann. Wir
sehen all dies erst jetzt und erkennen erst jetzt, dass schon der
orthodoxe Zarathustrismus eine Erlösungsreligion ist. Schon er
kennt jenen scharfen Gegensatz zwischen Geisteswelt und
Materie, schon für ihn ist die letztere der Vernichtung geweiht,
ja ist das Reich des Todes, wie die Geisteswelt das Reich des
Lebens. Wohl ist dabei praktisch das Diesseits nicht so schroff
verneint, wie in dem späten, verdüsterten Manichäismus, aber
schon bei Zarathustra herrscht zwischen beiden Welten der
Krieg, ein Krieg, in dem alle Gläubigen Mitstreiter des Geistes,
des Lichtes und des Lebens sein sollen, wie im Manichäismus.
Der Glaube an einen letzten und ewigen Sieg des Geistes und
Lichtes ist in dem angeblich ganz pessimistischen Manichäismus
genau so unerschütterlich und grundlegend wie in dem
Zarathustrismus. Zwischen beiden besteht mehr ein Unterschied der
religiösen Stimmung als der religiösen Anschauung, und dieser
Unterschied ist in dem Gesamtempfinden eines aufstrebenden
und eines hinsinkenden Volkes, einer werdenden und einer
hinsinkenden Kultur wohl begründet. Um wirkliche
Anschauungsunterschiede zu finden, miissten wir nach Indien herüberschauen,
wo der Glaube an einen Sieg des Guten, des Lichtes und
Lebens fehlt, weil das Leben den Wert verloren hat, ja zum
Übel geworden ist, von dem freizukommen die eigentliche
Erlösung ist. Hier spüren wir in der Tat ein anderes Volkstum.
Ich habe bisher nur von der Seele gesprochen, und einen
derartigen Begriff kennt die iranische Sprache in der Tat, wobei
sie die Seele bald als Lebensprinzip, bald als Wissens- oder
Be-wusstseinsprinzip fasst. Aber noch eine andere wichtige Formel
bietet sich uns, zwar im Zarathustrismus stark verdunkelt, aber
im Manichäismus, im Mandäismus und — ein Beweis ihres
Alters — im Indischen voll ausgeprägt, nämlich der innere
Mensch oder Urmensch, kürzer auch der Mensch oder
Mann. Alles, was von der Seele gesagt wird, gilt auch von
ihm. Er ist der Teil der Gottheit, der in die Materie versenkt
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