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450

(1916) [MARC] Author: Sven Hedin - Tema: Russia, War
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Full resolution (JPEG) - On this page / på denna sida - 35. Warschau

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450 Fünfunddreißigstes Kapitel.

Heimgekehrt, kletterte ih in den fünften Sto des Hotels hinauf
und ging auf einen Balkon, der Praga zugekehrt war. Man konnte
von hier oben buchstäbli<h in die russishen Schützengräben am Praga-
Ufer hincinsehen; sie waren bloß 950 Meter entfernt. Soldaten sah
man nicht, die hielten si< verborgen. Aber man hörte in einemfort
das Knattern des Gewehrfeuers, das gegen die Warschauer Straßen ge-
richtet war, die nah Praga zu offen liegen. Und immer noh s{<lugen
die Kugeln in die Hotelzimmer ein.

Als ih um 11 Uhr abends mit Ludwig Ganghofer, den ih bald nach
meiner Ankunft getroffen hatte, vom Souper beim Herzog Ernst Günther
zu Schles8wig-Holstein, dem Schwager des Deutschen Kaisers, zurückkehrte,
war die Krakauer Straße öde und leer. Kein Zivilist durfte sih nach
9 Uhr mehr draußen sehen lassen. Hier und da stand ein Posten.
Um so lauter schallten die russishen Grüße von Praga herüber, und an
der Eke eincr Querstraße hörte ih die Kugeln vorbeipfeifen. Am Ein-
gang des Hotels entstand eine plößlihe Aufregung, denn dort zeigte sich
ein bewaffneter russischer Offizier. Er wurde festgenommen und in das
Untersuchungszimmer im Erdgeschoß geführt, wo ih dem Verhör bei-
wohnte. Es wimmelte natürli<h no< von russishen Spionen, die einer
nah dem andern den Deutschen in die Hände fielen.

Ich schlief bei offenem Fenster und lauschte eine Weile dem eigen-
tümlich lauten Geknatter des Gewehrfeuers. Die sharfen Schüsse klangen
wie Peitschenknalle; bald shlugen die Kugeln gegenüber in die Häusermauer
ein, bald trafen sie, ritsh-rats<h, ein shwachgeneigtes flahes Dach oder
sprangen von dem Straßenpflaster ab. Man hörte niht nur den Knall
und Einschlag, sondern auch das Pfeifen in der Luft, und das Feuer war
fo stark, daß man die Schläge der Kirhturmuhr nicht zählen konnte.

Am nächsten Morgen hörte man nur noch vereinzelte Schüsse. Der
Platz vor dem Königlichen Schlosse wax noch gesperrt, da die Russen hierhin
mit Vorliebe geschossen hatten. Mein Ausweis öffnete mir jedoh den Weg,
und ih unternahm einen gründlichen Rundgang durch das alte, von König
Sigismund Wasa erbaute Schloß, dessen ganze Fassade nah der Weichsel
hinausgeht. Fast alle Fenster waren zerschossen: die Gewehrkugeln saßen
in den vergoldeten Stühlen und Sofas und in den Wänden hinter den
seidenen Tapeten, und noh immer kamen von Zeit zu Zeit neue.

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