Full resolution (JPEG) - On this page / på denna sida - IV. Unterrichtswesen und geistige Kultur. Einl. von P. E. Lindström - 10. Die schönen Künste - Baukunst. [Von F. Sundbärg]. Rev. nach Mitteilungen von Ragnar Östberg, Carl G. Bergsten u. a.
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DRAMATISCHE KUNST.
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Stockholmer Synagoge Proben eines verfeinerten Sinnes für Proportion und
Rhythmus, eines feinen ornamentalen Empfindens und einer vornehmen
Auffassung südländischer Formengebung ablegte. Sein Werk beeinflusste alle besseren
Bauwerke, die gleichzeitig oder kurz danach errichtet wurden. Sie alle
kennzeichnet dasselbe Interesse für gegossene Formen ohne viel Rücksichtnahme
auf echtes Material, das häufig imitiert, wie auf die Konstruktion, die häufig
vernachlässigt wurde. Eine unselige Folgeerscheinung einer entsprechenden
weniger gediegenen Tendenz bilden die etwa gleichzeitigen Restaurierungsarbeiten an
mehreren der bedeutendsten Domkirchen, wo unzulängliche Kenntnis der
mittelalterlichen Baukunst eine verhängnisvolle Gelegenheit zum Entstellen erhielt.
Das Echte aus dem schwedischen Mittelalter, was damals noch unberührt
erhalten war, wurde umgebildet, und interessante Überbleibsel aus späteren
Bauperioden, welche die Dome zu historisch redenden Zeugnissen machten, wurden
entfernt. Die Domkirchen zu Lund, Skara, Uppsala usw. bilden traurige Beispiele
dieser Tätigkeit,
Diese Restaurierungen zeitigten bald eine quasimittelalterliche Kirchenbaukunst,
teils auch hatten sie eine Erweckung des Materialsinnes und eine Annäherung
an konstruktive Probleme zur Folge.
Als imponierender Beweis des wiedererstandenen Gefühls für eine reelle
Baukunst steht das in den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts von I. G. Clason
(geb. 1856) erbaute Nordische Museum in Stockholm da. Wie dieses ganze
Institut eine Verknüpfung entschwundener schwedischer Tradition mit modernem
Leben darstellt, so spricht auch der Bau ein Wort zu rechter Zeit aus, einen
monumentalen Gedanken, der alte nordische Kraft mit moderner Entwicklung
verbindet, Derselbe Künstler hat in den vollendeten Fassaden des
Adelsvärd-schen Hauses den bedeutendsten Stockholmer Privatbau des 19. Jahrhunderts
geschaffen. Man erkennt hier Clasons stärkste Seite wieder: eine tiefgehende
und feine Kenntnis vom Wesen der Renaissance, gepaart mit einer gründlichen
und liebevollen Fähigkeit zu bauen.
Im Stil des Jahrhundertendes lag, im Gegensatz zu der einheitlichen
Formen-gebung am Anfang des Jahrhunderts, zum »Karl Johann-Stil», eine unruhige
Jagd nach der Kenntnis vergangener Stile aller Zeiten und aller Länder. Wie
wechselvoll die Reihe der Motive sich aber auch darstellt, alle jene Werke treffen
zusammen in der Verwendung zahlreicher verschiedener Materialien, in dem
Streben nach malerischer Fassaden- und äusserer dekorativer Wirkung. »Die letzte
Blüte dieses dekorativen Stils wird durch Ferdinand Boberg (geb. 1860)
vertreten, der z. B. im Hauptpostgebäude und im Rosenbad zu Stockholm wie in
manchen anderen Werken eine originelle und ornamental fliessende reiche
Fassadenbildung zeigt.
In unserem 20. Jahrhundert wird in Schweden das Wort Architektur immer
mehr durch das Wort »Baukunst», d. h. die Kunst zu bauen, ersetzt, und
man darf hierin füglich mehr als eine Redewendung, nämlich eine
Charakteristik sehen. Es macht sich ein Streben vom Dekorativen zum
Baumäs-sigen hin geltend, vom allgemein Malerischen zu einer mit der Umgebung
zusammenhängenden und aus dem Zweck entsprungenen Ausbildung der Baumasse
wie der Einzelheiten. Die äussere Wirkung tritt gegen die Raumbildung
zurück. Heimat und Klima sprechen deutlicher aus der Form, als sie es lange
Zeit hindurch getan, und allenthalben nimmt man das Bestreben wahr, an
schwedische Traditionen anzuknüpfen. Diese von I. C. Clason begründete Richtimg
fand kräftige Vorkämpfer in Carl Westman (geb. 1866) und Ragnar Östberg
(geb. 1866). Beide sind mit einer seltenen künstlerischen Kraft und
Ursprünglichkeit begabt und haben ihren Arbeiten jenen typisch schwedischen
Charakterzug einzuhauchen verstanden, der Schwedens liebsten Bauwerke, die der
Vasa-periode, beseelt. Dabei ist Westman in der Formengebung weicher, Östberg des
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