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vorchristliche erlösungslehriin 12 1
wieder, aber im Ganzen bringt der Mandäismus den vollgültigen
Beweis, dass Mani seine Erlösungslehre wirklich älterem
lebendigen Volksglauben, und zwar iranischem Volksglauben,
entnommen hat.1
Der Name des himmlichen Boten ist Mandä d’Haije, das
Wissen von den Leben, das heisst der Summe aller Leben, also
Gott, aber er heisst auch der Mann und er wohnt auch
verborgen in uns, wie im Indischen das Wissen, der Mann
(pu-rusha) und der Odem (das Selbst) nur verschiedene
Bezeichnungen desselben Begriffes sind. Aber er ist auch der
Urmensch,2 ja trägt in der alten Apokalypse den Namen Mensch
(Enosh). Unerkannt ist er durch die sieben gottfeindlichen
Sphärenreiche, welche die Gotteswelt gänzlich von der Erde
ab-schliessen, zu ihr herniedergestiegen und wandert nun hier,
immer nach der Heimat sich sehnend, in verschiedener Gestalt
unter Druck und Verfolgung umher, den Stamm der Seelen
mahnend und heilend. Dann, wenn seine Zeit gekommen ist,
steigt er, vom Vater gerufen, wieder empor, um nach kurzer Zeit
in den Wolken des Himmels zum Gericht zurückzukehren. Oder
(nach den Totenliturgien): er zertrümmert gleich bei der
Heimkehr jene Sphären und führt von der Erde und aus den
Sphärengefängnissen all die Seinen, den ganzen Stamm der Seelen,
in das Lichtreich empor.
Nun endlich schauen wir zu dem benachbarten Volke der
Juden herüber, für das, wie für alle semitischen Völker, zunächst
ein unendlicher Abstand Gott und Mensch von einander trennt,
und dem selbst der Gedanke eines Fortlebens der Seele mit
Gott noch ganz unfassbar ist. Nur der feste Glaube an die
Unvergänglichkeit des Volkes und Stammes und an seinen
Zusammenhang oder seinen Bund mit seinem Gott hat ihm die
Hoffnung auf eine persönliche (individuelle) Unsterblichkeit
ersetzt. Wohl hat schon die Zeit des Exils ihm die lebendige
Anschauung persischer Religiosität gebracht, und schon die
1 Dass in dem Weltbild der Mandäer viele Züge aus anderer, oft noch
unbestimmbarer Quelle entnommen sind, lasse ich hier beiseite, da ich nur
die Erlösungslehre verfolge. Dass sonst viele Einflüsse gewirkt haben, ist
durch die wechselnden Bezeichnungen der Gottheiten gradezu bezeugt und
bei der Heimat dieser kleinen Religionsgemeinschaft ja auch
selbstverständlich.
2 Adam, oder als dreifaltiges Wesen Hibil, Shitil und Enosh.
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