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WELTUNTERGANGS VORSTELLUNGEN 1 5 ’
hohen, zuletzt in ein Kreuz auslaufenden Steinpfeiler mit
Bilderschmuck am Schaft, welche in grosser Zahl in England,
Schottland und Irland erhalten sind1, ferner von derselben Stelle eine
Steinplatte, die wahrscheinlich zu einem Grabmonument gehörte,
der Darstellung eines grossen Kreuzes, unter dessen Querbalken
rechts und links allegorische Bilder angebracht waren2, endlich
von einem ähnlichen Monument eine auch nur zur Hälfte erhaltene,
aber auf Vorder- und Rückseite mit Bildern geschmückte
Steinnische Götter und Helden in christlicher Zeit, S. 39) verteidigte anzuführen.
Die Erklärung hält sich ganz an ein »Motiv», sucht sich dies aber in voller
Freiheit aus verschiedenen Darstellungen zusammen. So lassen sich Odin,
Widar und der Fenriswolf mühelos auf zwei Darstellungen der Freisinger
Säule (XII. Jahrhundert) nachweisen. Auf der einen will ein sich bäumender
Drache den Oberkörper eines liegenden bärtigen Mannes verschlingen; dieser
stösst mit der noch freien Rechten sein Schwert von aussen in die Gurgel des
Untiers; ein heraneilender jungendlicher Helfer sucht es ausserdem noch zu
würgen, um es dadurch zu zwingen, den Rachen offen zu halten, während
ein junger Drache, um den Helfer zu hindern und zurückzuhalten, in seinen
beim Lauf nach hinten gestrecken Fuss beisst. Auf der andern hat ein
tigerartig gebildetes Raubtier den Unterkörper eines Mannes verschlungen, und
dieser versucht, mit der Linken den Unterkiefer des Tieres am Zuschnappen
zu verhindern. Daneben steht wieder ein junger Helfer und bohrt von aussen
ein Schwert in die Kehle des Raubtieres; zu seinen Füssen verschlingt ein
junges Raubtier einen kleinen Hund (?), der nur noch mit dem Hinterteil
aus seinem Rachen herausragt. Nun wäre im ersten Bilde zwar zwecklos,
dass Widar ganz nebenbei einem jungen Drachen mit dem Fuss das Maul
aufsperrte (selbst, wenn man zugibt, dass das wirklich so dargestellt werden
könnte), während der alte seinen Vater verschlingen will; im zweiten greift
eben nicht Widar, sondern der Überwältigte (also Odin) mit der Hand in den
Unterkiefer, und endlich stellen beide Bilder deutlich die Errettung eines
noch nicht völlig Verschlungenen dar, während doch Odin schon verschlungen
sein muss, wenn Widar dem Wolf den Rachen aufbricht. Aber das macht
nichts: aus der Gesamtheit der sechs Darstellungen kann man das Motiv
des Verschlingens oder Rachenaufbrechens konstruieren, — wenn man
sich nicht darum kümmert, was der Künstler selbst darstellen wollte. Die
wissenschaftliche Erklärung hat längst Goldschmidt (Albani-Psalter, S. 67 bis
69) gegeben.
1 Reste von vier weiteren Kreuzpfeilern von demselben Ort verzeichnet
Calverley-Collingwood, Early sculptured Crosses, Cumberland and
Westmor-land Antiquarian and Archaeological Society, Extra Series, Vol. XI, 1899,
p. 170. Ihr Stil weicht weit ab.
2 Das später zu besprechende Kreuz von der Insel Man berechtigt zu
dem Schluss, dass auf der andern Seite des Kreuzes auf einer Fortsetzung der
Platte zwei Bilder den Triumph Christi dargestellt haben. Zwei Darstellungen
über einander unter jedem Kreuzarm begegnen auch auf den Grabkreuzen
von Man.
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