- Project Runeberg -  Schweden : historisch-statistisches Handbuch / Erster Teil : Land und Volk /
239

(1913) [MARC] Author: Joseph Guinchard
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Full resolution (JPEG) - On this page / på denna sida - III. Staatsverfassung und Verwaltung. Einl. von E. Hildebrand - 1. Staatsverfassung. Von E. Hildebrand - Die politischen Parteien. Von H. Brulin

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DIE POLITISCHEN PARTEIEN.

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während der Entwicklung des Industriali smus in der Hauptsache zu einem
historischen Begriff geworden ist, kann man nun als Hauptinteressen der liberalen
Partei bezeichnen: auf konstitutionellem Gebiete die Durchführung des
Parlamentarismus der Zweiten Kammer und auf dem sozialen Arbeitsfelde Reformen
in Gesetzgebung und Institutionen zugunsten der ärmeren Klassen, während die
Partei auf wirtschaftlichem Gebiete gegenwärtig eine Neigung zum Staatssozialismus
zeigt. Im Gegensatz zu dieser letzteren Tendenz vertritt die Rechte gewissermassen
liberale Ideen im älteren Sinne, indem sie mit besonderem Nachdruck die
Unverletzlichkeit des privaten Besitzrechtes verficht und der Initiative des Einzelnen
auf wirtschaftlichem Gebiete Raum zu schaffen sucht. Die Partei interessiert
sich besonders für die Verbesserung des Wirtschaftslebens, in der sie auch,
und zwar durch Schaffung besserer Arbeitsgelegenheiten, einen Ausweg zur
Hebung des sozialen Zustandes sucht. Im Verfassungsleben zeigt sie wenig
Geneigtheit zu Änderungen und will nach wie vor den wirklichen Einfluss der
Königsmacht und der Ersten Kammer geltend machen. Unter den während der
letzten Jahrzehnte im Vordergrunde stehenden hochpolitischen Fragen ist die
Linke besonders eifrig für die Erweiterung des Wahlrechts eingetreten, der sich
die Rechte lange widersetzte, bis sie das allgemeine Stimmrecht mit dem
Proportionalwahlsystem verband; andrerseits hat die Rechte, wenigstens in der
Ersten Kammer — wo die ausgesprochen nationalen Gesichtspunkte, z. B. in
der Unionsfrage, überhaupt am stärksten zum Ausdruck gekommen sind, während
die sozialen Interessen schwächer hervortraten — die Sorge für die
Landesverteidigung als eine über anderen politischen Fragen stehende Aufgabe betrachtet,
während die Linke als Oppositionspartei hier in der Regel einen negativen und
kritischen Standpunkt eingenommen hat. Die Verhältnisse haben sich aber so
gestaltet, dass schliesslich die Rechte den Wahlrechtskampf zum Abschluss brachte,
während die Linke jetzt die Verantwortung dafür übernommen hat, die Frage der
Landesverteidigung zu einer Entscheidung zu bringen. Das sozialdemokratische
Parteiprogramm schliesst sich der marxistischen Lehre an, in der aktuellen
Politik gleichzeitig die besonderen Wünsche der Arbeiter vertretend; wenn
auch die Anhänger dieses Programms zuweilen, wie beim Generalstreik 1909,
— jedoch durch friedliche Mittel — versucht haben, sich über die bestehenden
gesellschaftlichen Normen hinwegzusetzen, so ist ihre Abneigung gegen die
bürgerliche Gesellschaft doch überwiegend theoretischer Art. Die schwedische
sozialdemokratische Partei ist in der Praxis eine radikale Linkspartei, durchaus
bereit zu parlamentarischer Arbeit, wenn sie sich gleich der Verantwortung, die
eine Teilnahme an der Regierungslast mit sich bringen würde, entzogen hat; sie
hat hinreichend bewiesen, dass sie im Kampf gegen die Rechte mit den Liberalen
zusammenarbeiten kann; freilich hat sie durch diesen ihren bürgerlichen Zug
den lauten Widerspruch ihres eigenen linken Flügels hervorgerufen.

Die Verschärfung der politischen Gegensätze in den letzten Jahren und die
unter dem Einfluss des Proportionalwahlsystems stärker ausgeprägte Parteispaltung
hat die Schar der Parteilosen, der «Wilden«, stark gemindert. Nur einige
Mitglieder in jeder Kammer haben sich während der 1912 begonnenen
Legislaturperiode keiner Partei angeschlossen. Zählt man diese den Richtungen zu, denen
sie am nächsten stehen, so gestaltet sich die Verteilung der Parteien folgendermassen:
Nationale Partei der Ersten Kammer 88 Mitglieder gegen 49 Liberale und 13
Sozialdemokraten; in der Zweiten Kammer 102 Liberale, 64 Mitgieder der Rechten
und ebensoviele Sozialdemokraten. Eine unpolitische Vereinigung, mit der jedoch
in gewisser Hinsicht die Parteien rechnen müssen, ist die Abstinenzlergruppe
des Reichstages, die aus 153 Mitgliedern aus beiden Kammern besteht.

Die innere Organisation der Parteien des Reichstages ist bei allen ziemlich
die gleiche. Zu Beginn des Reichstages halten die verschiedenen Parteien
konstituierende Versammlungen ab und wählen den Vorsitzenden und den

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