Full resolution (JPEG) - On this page / på denna sida - Häfte 50. 14 dec. 1940 - Die Überwindung der Arbeitslosigkeit und die Regelung des Arbeitseinsatzes in Deutschland, von Theo Beisiegel
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Teknisk Ti dskrift
nünftigen Gründe veranlassten Stellenwechsel zu
verhindern und wichtigen Wirtschaftszeigen ihre Kräfte
zu erhalten. Die Vorschriften ermöglichen es vor
allem, frei werdende Arbeitskräfte den
Wirtschaftszweigen zuzuführen, die staatspolitisch wichtig sind
und den Strom zu Erwerbstätigkeiten zu unterbinden,
die insbesondere während des Krieges nicht als
vordringlich angesehen werden können. Einer
Kündigungsgenehmigung bedarf z. B. nicht, wenn beide
Parteien tiber die Lösung des Arbeitsverhältnisses
einig sind, auch der Berufsaufstieg und die berufliche
Fortbildung darf durch das AA nicht verhindert
werden. Dass eine Erstarrung des Arbeitslebens weder
beabsichtigt ist, noch tatsächlich eintritt, mögen Sie
daraus ersehen, dass auch heute noch in Deutschland
allmonatlich rd. 1,5 Millionen Arbeitskräfte ihren
Arbeitsplatz wechseln.
Die bisher geschilderte Möglichkeit der Lenkung
von Arbeitskräften reicht aber in Deutschland nicht
aus, um den Bedarf für politisch besonders wichtige
und vordringliche Aufgaben zu befriedigen.
Arbeitsreserven sind kaum mehr vorhanden, eine
Möglichkeit jemanden anzuhalten einen bestimmten
Arbeitsplatz auszufüllen oder, auch ausserhalb seines
Wohnortes Arbeit zu verrichten, bestand bisher noch nicht.
Die Notwendigkeit hierzu ergab aber zum ersten Male
im Jahre 1938, als Deutschland sich gezwungen sah,
im Interesse der Landesverteidigung in kürzester Frist
den Westwall zu errichten. Damals erliess
Reichsmarschall Göring eine Verordnung, wonach jeder
Bewohner des Reichs verpflichtet werden konnte, für
die Durchführung von Aufgaben von besonderer
staatspolitischer Bedeutung seine Arbeitskraft auch
ausserhalb des Wohnorts zur Verfügung zu stellen.
Es gelang damals in kürzester Frist, viele
hunderttausende von Facharbeitern aller Art, Maurer,
Schlosser, Zementierer, Eisenflechter, Zimmerer usw.,
bereitzustellen. Bei der Auswahl und Erfassung dieser
kräfte hat die Arbeitsbuchkartei eine unersetzliche
Hilfe geleistet. Nur auf diese Weise war es möglich,
den Westwall in der in Aussicht genommenen Frist
zu vollenden. Die Dienstverpflichtung hat sich
besonders beim Ausbruch des Krieges bewährt und
eine reibungslose Überführung der Friedenswirtschaft
in die Kriegswirtschaft ohne jede Erschütterung des
Arbeitseinsatzes ermöglicht. Die Aufgaben von
besonderer staatspolitischer Bedeutung haben natürlich
während des Krieges bedeutend zugenommen. Daher
können wir in Deutschland auch heute noch nicht die
Dienstverpflichtung entbehren. Sie wird in aller
Regel nur für begrenzte Zeit ausgesprochen, in erster
Linie werden ledige Arbeitskräfte herangezogen,
verheiratete Frauen dürfen nicht dienstverpflichtet
werden. Ausländische Staatsangehörige werden übrigens
ebenfalls nicht zur Dienstverpflichtung herangezogen.
Wir sind uns durchaus darüber klar, dass die
Dieustverplichtung einen starken Eingriff in die
Lebensweise unserer Volksgenossen bedeutet und dass
Härten und Unbequemlichkeiten dabei nicht
vollständig vermieden werden können. Um finanzielle
Nachteile zu verhindern oder wenigstens zu mildern,
die bei Dienstverplichtungen eintreten können,
erhalten die verheirateten Dienstverpflichteten neben
dem Lohn für die Dauer der Trennung von ihrem
Haushalt ein Trennungsgeld uns Mitteln des Reichs.
Ferner wird an alle Dienstverpflichteten neben dein
Trennungsgeld eine Sonderimterstützung gewährt,
die die Zahlung der Miete, die Erfüllung gesetzlicher
Verpflichtungen usw. auch während der
Dienstverpflichtung ermöglichen soll. Die Dienstverpflichtung
ist nur eine ultima ratio. Sie darf und wird keine
Dauereinrichtung sein. Ihr Abbau wird vielmehr
vorgenommen werden, sobald die Verhältnisse es
irgendwie gestatten.
Bei der gespannten Arbeitseinsatzlage, insbesondere
während des Krieges, gewinnt die Beschäftigung von
weiblichen Arbeitskräften eine erhöhte Bedeutung.
Seit 1933 hat auch die Zahl der weiblichen
Arbeitskräfte in Deutschland wesentlich zugenommen. Von
den Ende September 1940 in Grossdeutschland
beschäftigten rund 22,7 Millionen Arbeitern und
Angestellten waren rund 8.5 Millionen Frauen, der Frauenanteil
an der Gesamtzahl der beschäftigten Arbeiter und
Angestellten betrug also rund 37 %. Während des
Krieges hat sich eine stärkere Umsichtung in der
Beschäftigungsart der Frauen vollzogen. Mussten doch
viele nicht kriegswichtige Wirtschaftszweige,
insbesondere auf dem Gebiete der Verbrauchs- und
Kon-sumgüterindustrie, in denen bisher die Frauen in
grosser Zahl beschäftigt wurden, zu Gunsten
kriegswichtigerer Aufgaben zurückgestellt werden. Auf der
anderen Seite ist auch der Bedarf an weiblichen
Arbeitskräften wesentlich durch die Einziehung der
Männer zur Wehrmacht und durch die Zunahme
kriegswichtiger Aufgaben überhaupt. gestiegen. So
sind heute in Deutschland rund 350 000 weibliche
Arbeitskräfte mehr in der Wirtschaft tätig als bei
Ausbruch des Krieges.
Der verstärkte Einsatz von Frauen während, des
Krieges hat die Regierung veranlasst, der
Beschäftigung der Frauen ihre besondere Sorgfalt zuzuwenden.
Dabei spielten sozialpolitische Erwägungen und
insbesondere die Erkenntnis eine Rolle, dass die Frau
als Trägerin der Zukunft eines Volkes auch auf
arbeitsrechtlichen Gebiet eines besonderen Schutzes
bedarf. Der Ausweitung des Frauenarbeitseinsatze«
wurden daher vernünftige Grenzen gesetzt.
Verheiratete Frauen dürfen nicht dienstverpflichtet werden,
ihre Arbeitszeit darf 8 Stunden täglich nicht über
schreiten. In der Praxis wird diese Höchststuiiden
zahl sogar oft nicht erreicht. Die Betriebe sind dazu
übergegangen, Halbtagsschichten für Frauen
einzuführen oder einen Tag in der Woche ganz frei zu
lassen, um den Frauen die Erfüllung ihrer häuslichen
Pflichten nicht unmöglich zu machen. Nachtarbeit
ist für Frauen grundsätzlich verboten. Bei der
Auswahl der Arbeiten, bei der Gestaltung der
Arbeitsplätze, der Wahl der Betriebspausen usw. muss auf
die körperliche Konstitution der Frau Rücksicht ge
nommen werden. Überhaupt ist die Arbeitseinsatz
-Verwaltung bemüht, Frauen in erster Linie den
Berufen der Haus- und Landwirtschaft, den
pflegerischen und sonstigen typisch weiblichen Berufen
zuzuführen.
Um schon die heranwachsende weibliche Jugend
auf diese Berufe besonders hinzulenken, aber auch um
den kinderreichen Müttern und den belasteten
Bäuerinnen zu helfen, ist seit 1938 das sogenannte weib-.
liehe Pflichtjahr eingeführt worden. Alle jungen
Mädchen, die einen Beruf in der Industrie, im
Handel oder Gewerbe ergreifen wollen, müssen vorher
mindestens 1 Jahr in der Haus- oder Landwirtschaft
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28 dec. 1940
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