Full resolution (TIFF) - On this page / på denna sida - Nekrolog: Julius Hoffory (Andreas Heusler)
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210 Heusler: Nekrolog.
Eine wesentliche Seite von H:s Wirksamkeit kann an dieser
Stelle nur kurz berührt werden: sein Eintreten für die moderne
skandinavische Litteratur, im besondern Ibsen. Als sich H. in
Berlin niederliess, war Ibsen in Deutschland wenig gekannt, noch
weniger verstanden. Die erste Aufführung der ’Gespenster’ in
Berlin, im Januar 1887, bezeichnete eine Epoche. Ibsen trat ans
helle Tageslicht — erst eifrig umstritten, allmählich anerkannt als
ein alter Meister den nicht jeder verträgt, mit dem doch jeder zu
rechnen hat. Des Norwegers Einwirkung auf die deutsche
Litteratur des ausgehenden 19. Jahrhunderts ist eine denkwürdige
Erscheinung, deren Umfang sich der Zukunft erst klarer enthüllen
wird. — An dieser ganzen Bewegung hatte H. grossen Anteil.
Man darf ihn als den ersten Herold Ibsens in Berlin bezeichnen.
Das intime Verständniss für die Ueberlegenheit der Ibsenschen
Technik; die Einsicht, wie viel der deutsche Dialog in Drama und
Roman von Ibsen zu lernen hätte, das brachte H. von vornherein
mit. Er hat nicht selber als Tagesschriftsteller Bahn gebrochen.
Aber P. Schienther und 0. Brahm, die mit sanfter Gewalt das
widerstrebende Publikum zu dem Nordmann hinführten, haben von
H. den entscheidenden Anstoss bekommen. Später begründete H.
die "Nordische Bibliothek", eine Sammlung verdeutschter
neuskandinavischer Dichtwerke. Er hat selbst die ’Frau vom Meere’ und
Edv. Brandes’ ’Besuch’ dazu beigesteuert (1888—89) und die
Ueber-tragungen der Mitarbeiter sorgfältig redigiert. Die Aufführung
nordischer Werke auf deutschen Bühnen verfolgte er stets, noch
in den lichten Zeiten nach der Erkrankung, mit regster Teilnahme
und, wo sich Gelegenheit bot, mit eigener Betätigung *).
H. war kaum das, was man gemeinhin einen Charakter nennt;
aber eine sehr eigenartige Persönlichkeit. Ihre vielfach
zusammengesetzte Art stellt sich schon unter seinen nahen Freunden jedem
wieder in anderm Lichte dar 2).
Seine leibliche Konstitution war nicht kräftig: weder in der
Anstrengung noch im Genüsse ausdauernd; in hohem Masse
reizbedürftig. Durch eine phantasie- und launenvolle Hygiene hat er
an seinem Kräftevorrat allzu verschwenderisch gezehrt. H:s
Temperament möchte man als vorherrschend
phlegmatisch-melancholisch bezeichnen. Sein Wesen bewegte sich in langsamem Tempo,
mit einer eigenartigen, mitunter schüchternen Leisheit; ohne
Ungestüm und ohne Pathos. Unter einer fast weiblichen Weichheit
barg sich ein scharf umrissenes, schwer biegsames Innere mit
*) Aus Anlass der ’Hedda G-abler’-Aufführung in Berlin verfasste er
einen Brief, unterzeichnet E(ilert). L(övborg)., der im ’Magazin für
Litteratur’ 1891 14. Februar zum Abdruck kam, und worin die Freunde des
Verstorbenen eine späte Blüte seines Humors erkennen werden.
*) Zu den folgenden Zeilen,- die einen Teil meiner persönlichen
Eindrücke widergeben, bemerke ich, dass ich H. in seinem 82:ten Lebensjahre
kennen lernte.
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